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Nach Anschlag auf Jüdisches MuseumDschihadist gesteht Schüsse

Ein 29-jähriger Franzose hat den Angriff auf das Jüdische Museum in Brüssel gestanden. Der Mann hatte sich 2013 syrischen Gotteskriegern angeschlossen.

Drei Menschen kamen bei dem Anschlag in Brüssel ums Leben. Bild: ap

PARIS dpa/taz | Der nach den tödlichen Schießerei im Jüdischen Museum in Brüssel festgenommene Franzose hat sich in einem beschlagnahmten Videofilm zu der Tat bekannt. Wie die Staatsanwaltschaft am Sonntag in Paris mitteilte, entstammt die Aufnahme einer Kamera, die bei dem 29-jährigen Mehdi Nemmouche gefunden worden sei. Darin seien auch die mutmaßlich bei der Tat benutzten Waffen zu sehen. Weiter hieß es, der mutmaßliche Dschihadist habe sich mehr als ein Jahr lang in Syrien aufgehalten.

Der Mann war am Freitag in Marseille wegen des Angriffs auf das Jüdische Museum in der belgischen Hauptstadt vor einer Woche festgenommen worden. Ein israelisches Paar und eine ehrenamtliche Mitarbeiterin aus Frankreich wurden in dem Gebäude erschossen. Ein belgischer Angestellter des Museums wurde schwer verletzt und später für „klinisch tot“ erklärt. Die Tat sorgte in Belgien und international für Entsetzen.

Nemmouche stammt nach Angaben aus französischen Ermittlerkreisen aus Roubaix in Nordfrankreich und schloss sich im vergangenen Jahr islamistischen Kämpfern im syrischen Bürgerkrieg an. Dem französischen Inlandsgeheimdienst DGSI war er demnach bekannt.

Im Gepäck des Festgenommenen hatten die Zöllner von Marseille genau die Waffen, die in Brüssel beim Anschlag eingesetzt worden waren, gefunden: eine Kalaschnikow und eine Pistole mit Munition vom verwendeten Typ und Kaliber. Außerdem entdeckten sie eine schwarze Mütze, wie sie der Täter trug. Der Tatverdächtige hatte auch eine kleine Kamera vom Modell GoPro bei sich. Sie könnte dazu gedient haben, den antisemitischen Terroranschlag zu Propagandazwecken zu filmen.

Zufallserfolg am Busbahnhof

Dieser Ermittlungserfolg nur wenige Tagte nach dem Beginn der internationalen Fahndung wirkt spektakulär. Dabei handelt es sich allem Anschein nach um Zufallserfolg bei einer Routinekontrolle am Busbahnhof Saint-Charles. Die drei französischen Zollbeamten suchten nämlich bei den Euroline-Passagiere aus Amsterdam eher nach Cannabisprodukten, als ihnen der mutmaßliche Terrorist in die Hände fiel. Ein Angestellte des Busbahnhofs sagte vor Fernsehkameras, der Festgenommene habe keinen Widerstand geleistet, sei sehr ruhig geblieben und habe sich abführen lassen. Es wird vermutet, dass er nach Marseille gekommen war, um möglicherweise per Schiff nach Nordafrika zu entkommen.

Der Festgenommene ist bei der französischen Antiterrorismus-Polizei kein Unbekannter. Nemmouche war wegen seiner Kontakte zu Islamisten und vor allem wegen eines Aufenthalts bei den Dschihadisten in Syrien 2013 bereits registriert. Laut Polizeiangaben soll er im März nach Europa zurück gereist sein und habe sich möglicherweise vor dem Anschlag in Brüssel in Deutschland aufgehalten. Er war als Jugendlicher wegen Delikten verurteilt worden. Im Gefängnis habe er den Kontakt zu radikalen Islamisten gefunden.

Gegenwärtig befinden sich rund 300 Franzosen in den Reihen der islamistischen Rebellen, und die französischen Behörden haben mehrmals die Befürchtung geäußert, dass ein Teil von ihnen bei einer Rückkehr eine terroristische Bedrohung darstellen könnten. In der Regel werden in Frankreich gegen Rückkehrer aus dem Dschihad in Syrien Ermittlungen wegen Teilnahme an der Bildung terroristischer Vereinigungen eingeleitet.

Der antisemitische Anschlag von Brüssel hat in Frankreich an das traumatische Attentatsserie vor zwei Jahren erinnert, als ein scheinbar isolierter Einzeltäter, Mohammed Merah, in Toulouse im Namen des „Dschihad“ sieben Menschen tötete, unter ihnen einen Lehrer und drei Kinder einer jüdischen Schule. Auch Merah, der am Ende einer Fahndung von der Polizei in seinem Versteck aufgespürt und bei einem Schusswechsel erschossen wurde, hatte sich mehrmals bei terroristischen Gruppen im Mittleren Osten, namentlich in Afghanistan, aufgehalten. Obschon er der Polizei deswegen aufgefallen war, wurde er nicht überwacht. Staatspräsident François Hollande unterstrich darum zum Fall Nemmouche, dieser sei sogleich verhaftet worden, als er seinen Fuß auf Frankreich gesetzt habe.

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10 Kommentare

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  • Es ist eines von mehreren Attentaten auf Juden in den letzten 3 Jahren, die wahllos irgendwo in Europa angetroffen werden.

    - vor dem 18.07.2012 in Bulgarien auf Urlauber aus Israael. Vermutet wurde die Hisbollah.

    - der Angriff auf eine jüdische Schule in Toulouse am 17.03.2013

    - das Attentat auf Juden am 16.04.2014 vom Chef des Ku Klux Klan in Overland Park in Kansas, USA.

     

    Antisemitismus hat das Potential zu Vernichtungswut und kommt in allen politischen Lagern und auch den meisten (Industrie)Gesellschaften weltweit vor.

    Eine Welt frei von Juden ist das Kennzeichen von Maßlosigkeit und Irrationalismus dieser sehr dynamischen und flexiblen Ideologie.

     

    Sie unterscheidet sich darin von Rassismus, z.B. den Morden an AfrikanerInnen, TürkInnen. Diese soll(t)en in der Kolonialperspektive unterworfen und ausgebeutet, im Denken des heute aktiven NSU-Netzwerks vertieben werden - aber nicht weltweit ausgerottet.

     

    Nichts unterschätzen!

  • Auch ein Grund, Front National zu wählen...

  • ich fang mal an mit...

    ich glaube nicht, dass der festgenommene in fronkroisch bis zu 144 stunden verhört werden darf - oder liegt fronkroisch seit neuestem in gitmo?

    ich glaube auch nicht, dass er seinen fuß auf fronkroisch gesetzt hat - oder hat hier Marine le Pen die feder geführt?

    und ich glaube nicht, dass man aus vermuteten kontakten des festgenommenen zu djihadistischen rebellen (aha, auf einmal sind's rebellen) in Syrien auf einen antisemitischen anschlag schließen kann. wobei - mann kann natürlich. aber ob der schluß der richtige, zutreffende ist, daran habe ich zweifel.

    und schließlich glaube ich nicht, dass die täterschaft eines menschen dadurch erwiesen wird, dass die französische polizei seinen - vollständigen? - personalien bekannt gibt. wie ich auch nicht glaube, dass man die deshalb auch in 'schland in der taz bekanntgeben darf.

    • @christine rölke-sommer:

      grosse überraschung, was den kulturellen hintergrund betrifft.

      noch grösseres rätselraten, was die motive sein könnten? war er mit dem süsswarenangebot des museumkiosks nicht einverstanden?

       

      muss man warten, bis letztinstanzlich ein urteil gesprochen wurde, um sich den motiven vorsichtig zu nähern?

      es gibt eine art von taktischem dummstellen, die man nur dreist und auch pietätlos nennen kann.

      • @bulk_reply_15:

        ja, das letztinstanzliche urteil möchte mann schon abwarten. sagt mir meine déformation professionelle. alldieweil polizeiliche ermittlungsergebnisse im verlauf einer - oder nach revision auch mal mehr als einer - hauptverhandlung doch nicht halten, was sie einer p-staatsanwaltschaft zu versprechen schienen.

         

        was daran "nur dreist und auch pietätlos" sein soll - ich darf um erläuterung bitten.

        • @christine rölke-sommer:

          sie dürfen, aber es wird nichts nutzen.

          in ihren augen sind die sog. nsu-morde also gesellschaftlich, gesellschaftspolitisch ohne relevanz, weil ein noch schwebendes verfahren?

          • @bulk_reply_15:

            ich schätze, Sie können es nicht erläutern. jedenfalls nicht, ohne Ihrerseits das eine+andere ressentiment zu offenbaren.

             

            das andere ist die frage nach der gesellschaftlichen/-politischen relevanz von morden. die relevanz im sinne von aussage über gesellschaftliche verhältnisse bestreite ich überhaupt nicht - im gegenteil, die sehe ich bei jedem mord/tötungsdelikt gegeben.

             

            ein noch weiteres ist allerdings, wie man sich über die relevanz verständigt. was das anbelangt, neige ich hochoffiziösen wie auch reflexartigen kulturalisierenden erklärungen gegenüber zu skepsis. ich wüßte es gern immer noch etwas genauer, zumal dann, wenn die täter*innen 'unsere kinder' sind - was sowohl für die sog.nsu-morde wie auch für den jetzt in fronkroisch festgenommenen gilt.

             

            und ganz schließlich: schwebende verfahren haben so ihre tücken. sie nehmen ab+an überraschende wendungen.

            • @christine rölke-sommer:

              ich hätte ihnen nicht antworten sollen, ihre angestrengte realitätsleugnung war zu erwarten.

              • @bulk_reply_15:

                *quietsch vor vergnügen*

                ich unterscheide halt zwischen realität und propaganda.

                und statts polizeilicher oder staatsanwaltlicher verlautbarungen lese ich lieber ermittlungsakten. gründlich, versteht sich.

        • @christine rölke-sommer:

          ne editierfunktion wär nett. mangels selbiger: alldieweil polizeiliche ermittlungsergebnisse im verlauf einer - oder nach revision auch mal mehr als einer - hauptverhandlung doch nicht immer halten, was sie einer p-staatsanwaltschaft zu versprechen schienen.