Nach Anschlag auf Berliner Nazi-Kneipe: Rechte drohen mit tödlicher Rache
Nach dem Anschlagsversuch auf die Kneipe "Henker" mobilisieren die Neonazis für Samstag zu einer Demo am Alexanderplatz. Im Internet wird der Chefin der Beratung gegen Rechsextremismus Gewalt angedroht.
Nach dem versuchten Brandanschlag auf die bei Neonazis beliebte Kneipe "Zum Henker" in Niederschöneweide mobilisieren Rechtsextreme zu einer Demonstration am Samstag. Im Internet werden zudem "Racheaktionen" gegen Linke angekündigt. Demokratie-Netzwerke verurteilen die Einschüchterungsversuche.
Unter dem Motto "Vom nationalen Widerstand zum nationalen Angriff, Solidarität mit Opfern linker Gewalt" wollen die Neonazis ab 12 Uhr demonstrieren. Auf einschlägigen Seiten im Internet wird mittlerweile als Treffpunkt "Alexanderplatz Ausgang Fernsehturm" angegeben. Der Aufzug sei mit 300 Teilnehmern angemeldet, so eine Polizeisprecherin. Der genaue Ort und die Route würden noch verhandelt.
Antifa-Gruppen kündigten Gegenproteste an. Ein für den gleichen Tag geplanter Neonazi-Aufmarsch in Königs Wusterhausen wurde abgesagt.
In der Nacht zum Sonntag hatte ein Maskierter zwei Molotowcocktails auf den "Henker" geworfen, in dem sich 40 Personen aus der rechten Szene aufhielten. Die Brandsätze richteten keinen Schaden an, ein Fluchtfahrzeug der Täter verletzte aber drei Personen, die die Angreifer fassen wollten. Ein 28-Jähriger wurde von dem Pkw überrollt und lebensgefährlich verletzt. Bereits am Sonntag hatten deshalb rund 250 Neonazis in Schöneweide demonstriert.
Im Internet rufen Rechtsextreme nun zu Gewalt gegen Linke auf. "Auch diese roten Schweine haben Namen und Adressen, wehrt euch endlich", schreibt ein Nutzer in einem einschlägigen Internetportal. "Gleich mal ein paar Linke von dem Dreckspack einkesseln und ordentlich zusammenknüppeln", heißt es an anderer Stelle. Konkret wird zu Gewalt gegen "Antifa-Chefs" oder das linke Hausprojekt Köpi aufgerufen.
Bedroht wird auch die Leiterin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR), Bianca Klose. "Vielleicht hat ja Bianca Klose auch mal Lust auf eine kleine Schwimmstunde im Landwehrkanal - wie damals Rosa Lux", wird auf die Ermordung Rosa Luxemburgs 1919 angespielt. In einem anderen Forum heißt es: "Wir werden kein Mittel außer Acht lassen, tickende Zeitbomben wie Bianca Klose auf allen Ebenen zu bekämpfen."
Klose erklärte der taz, dass sie "verschiedene Maßnahmen" gegen die Drohungen prüfe. Der Anschlag vom Sonntag werde von Neonazis als Vorwand genutzt, um Menschen, die sich jahrelang gegen Rechtsextremismus engagieren und Gesicht zeigen, einzuschüchtern. "Die Tat steht in keinem Zusammenhang mit unserer Arbeit", so Klose. Zusammen mit Bürgerinitiativen hatte die MBR den "Henker" zuletzt als rechtsextremen Treffpunkt kritisiert und dessen Schließung gefordert. Diese Arbeit werde man auch fortsetzen, betont Klose. "Der Anschlag diskreditiert nicht das zivilgesellschaftliche Engagement, sondern diskreditiert sich selbst."
Man nehme die rechten Drohungen sehr ernst, so Björn Malycha vom Bündnis für Demokratie und Toleranz Treptow-Köpenick. Vor allem für Mitstreiter, die sich offen gegen rechts engagieren, seien die Ankündigungen bedrohlich. Laut Bündnis-Mitstreiter Lutz Längert seien auch viele Bewohner rund um den "Henker" eingeschüchtert. "Die müssen wir jetzt stärken." Der Anschlag selbst sei unverantwortlich. "Das ist in keinster Weise ein Instrument, sich mit diesem Geschäft auseinanderzusetzen", so Längert.
Auch in der linken Szene wird der Anschlag diskutiert und von vielen abgelehnt. "Ich weiß nicht, was ich mit Leuten gemeinsam habe, die es cool finden, Wohnhäuser Unbeteiligter abzufackeln", schreibt ein User im linken Internetportal Indymedia. "Gegen Rechte mit Mitteln vorzugehen, wo das Leben von Menschen nichts mehr zählt, ist diskreditierend", hält ein anderer fest.
Ein Sprecher der Antifaschistischen Linken Berlin hatte gegenüber der taz bezweifelt, dass der Anschlag aus der Antifa-Szene kommt. Eine Verbindung der Tat mit dem Milieu der organisierten Kriminalität wiesen Sicherheitskreise allerdings zurück. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes gegen unbekannt.
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