Nach 26 Jahren Haft: Ex-RAF-Terrorist Klar ab Januar frei
Das frühere RAF-Mitglied Christian Klar wird im Januar freigelassen. Von dem 56-Jährigen gehe keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit aus, entschied das Oberlandesgericht Stuttgart.
Christian Klar kommt frei. Zum Jahreswechsel wird er nach 26 Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Dies entschied gestern das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart. Klar wurde gestern nicht begnadigt. Vielmehr wird er entlassen, weil er die gerichtlich festgesetzte Mindesthaftzeit von 26 Jahren verbüßt hat.
Dem Gesetz zufolge hätte die Entlassung nur unterbleiben können, wenn "Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit" dem entgegenstünden. Das OLG stützte seine für Klar positive Entscheidung vor allem auf zwei Gutachten. Schon Anfang 2007 hatte der Freiburger Kriminologe Helmut Kury den Beginn von Vollzugslockerungen befürwortet. Und nun hatte auch der Essener Psychiater Norbert Leygraf keine Bedenken gegen die Freilassung Klars.
Der Antrag des heute 56-Jährigen auf Entlassung wurde außerdem von der Bundesanwaltschaft und der Haftanstalt in Bruchsal unterstützt. Anfang November sprachen die Richter im Rahmen einer Anhörung auch persönlich mit dem Häftling.
Klar bekräftigte dabei, dass er künftig ein legales Leben führen wolle. Das Gericht hielt dies für glaubwürdig. Die Richter erinnerten gestern daran, dass die Taten Klars im Rahmen der RAF erfolgt sind und diese mit Zustimmung von Klar 1998 aufgelöst worden war. Dass Klar die Morde bisher weder öffentlich bereut hat noch sich bei den Opfern entschuldigte, spielte in der gestrigen Entscheidung keine Rolle. Dies sei bereits bei der Festlegung der Mindesthaft von 26 Jahren berücksichtigt worden, so das OLG.
Die Haftstrafe Klars ist zunächst nur zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. Das heißt, wenn der Ex-RAFler neue relevante Straftaten begeht, wird er nicht nur hierfür bestraft, vielmehr wird dann die lebenslange Freiheitsstrafe fortgesetzt. Klar wird ein Bewährungshelfer zugeteilt. Die Mindeshaftzeit von 26 Jahren hatte das OLG Stuttgart 1998 festgesetzt. Klar stellte daraufhin 2003 einen Antrag auf Begnadigung, den der damalige Bundespräsident Johannes Rau (SPD) zunächst liegen ließ. Erst dessen Nachfolger Horst Köhler befasste sich ernsthaft mit dem Antrag.
Weil über Klars Begnadigungsantrag ausgerechnet im Gedenkjahr 2007 entschieden wurde, also 30 Jahre nach dem "Deutschen Herbst", wurde Klar schnell zum Symbol. Viele forderten seine Freilassung als Geste der Versöhnung. Konservative waren überwiegend dagegen, auch weil Klar sich nicht von seiner RAF-Zeit distanzieren wollte. Köhler lehnte eine Begnadigung schließlich im Mai 2007 ab - ohne Begründung, wie es in solchen Verfahren üblich ist.
Zusätzlichen Wirbel verursachte Klar mit seinem Grußwort an eine "Rosa-Luxembrug-Konferenz" linker Gruppen im Februar 2007 in Berlin. Der Häftling forderte dazu auf, die "Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden". Dies nahm der Stuttgarter Justizminister Ulrich Goll (FDP) zum Anlass, die Vollzugslockerungen auszusetzen. Wer so rede, könnte auch wieder zu den alten Mitteln greifen, fabulierte Goll. Klar musste sich die Fortsetzung der Lockerungen gerichtlich erstreiten. Inzwischen hatte er rund 14 begleitete und unbegleitete Ausgänge als Vorbereitung auf die Freiheit.
Der in Freiburg geborene Klar gehörte zur zweiten Generation der RAF, die insbesondere für die Anschläge im blutigsten RAF-Jahr 1977 verantwortlich war. 1982 wurde der Terrorist an einem RAF-Waffendepot bei Hamburg gefasst. In zwei Verfahren 1985 und 1992 verurteilte ihn das OLG Suttgart zu sechsmal lebenslanger Haft. Klar wurde als Täter oder Mittäter für insgeamt neun Morde - unter anderem an dem damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback und dem Bankier Jürgen Ponto - sowie zwölf Mordversuche verantwortlich gemacht.
Offizieller Zeitpunkt für die Entlassung ist der 3. Januar. Doch vermutlich wird Klar einige Tage früher freikommen, um ihm ein Blitzlichtgewitter am Gefängnistor zu ersparen. Klar will keine Interviews geben und nicht öffentlich auftreten, sagte sein Anwalt vor einigen Wochen.
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