NSU-Untersuchungsausschuss in Hessen: Kommissar fehlte Bekennerschreiben
Helmut W. sollte den Mord am NSU-Opfer Halit Yozgat aufdecken. Im Landtag räumte der Ermittler ein: Ein politisches Motiv erkannte er damals nicht.
Dem Leiter der Kasseler Mordkomission im Fall Halit Yozgat, Helmut W., war nach eigenen Angaben schon früh klar gewesen, dass das einzig sinnvolle Motiv in der – erst später bekannt gewordenen – NSU-Mordserie ein fremdenfeindlicher Hintergrund gewesen sein konnte. Das sagte W. am Freitag im hessischen NSU-Untersuchungsausschuss aus. Allerdings hatte der Kommissar nur ein persönliches, kein politisches Motiv in Betracht gezogen.
Kommissar W. schilderte am Freitag im NSU-Untersuchungsausschuss ausführlich und flüssig von der Tat. Der Mord an dem 21-jährigen Internetcafébetreiber Halit Yozgat 2006 ist nach heutigem Stand der neunte und vorletzte Mord, der dem rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zugerechnet wird.
Bisher haben die geladenen Zeugen wenig zur Aufklärung beigetragen. Oft mussten ihnen die Abgeordneten Detail für Detail aus der Nase ziehen. Und noch in einen Punkt unterscheidet sich W. von seinen Vorrednern: W. sagte aus, dass ihm sehr bald klar wurde, dass die Tat einen fremdenfeindlichen Hintergrund gehabt haben müsse. Die meisten Beamten vor ihm hatten ein solches Motiv nach eigenen Aussagen zwar in Betracht gezogen, aber oft als nicht plausibel erachtet.
Das Einzige, was W. für diese These fehlte, war ein Bekennerschreiben, oder ähnliches: „Heute ist das klar, da sagt jeder: Es sei gerade typisch für rechtsextreme Taten, dass es eben kein Bekennerschreiben gibt. Vor zehn Jahren waren alle Experten da anderer Meinung.“
Rechtsextremismus nur bei Bekennerschreiben
Doch er betont auch: „Wir sind nicht nach rechts blind gewesen.“ Daher habe man, unüblicherweise, auch zwei Ermittler aus dem Bereich Staatsschutz in die Mordkommission gezogen. Dass selbst diese keinen rechten Hintergrund sahen, findet die SPD „bemerkenswert“, so deren innenpolitische Sprecherin Faeser am Freitag.
Die weiteren Aussagen des leitenden Kasseler Kommissars in dem Mord, werfen kein besonders gutes Bild auf den Verfassungsschutz. Seine Kommission habe damals, um ein mögliches rechtes Tatmotiv zu überprüfen, auch nachgeforscht, ob der Mord Thema in der Kasseler Neonazi-Szene war: „Damals bin ich noch davon ausgegangen, dass die Szene durchsetzt von V-Männern sei und die alles mitbekommen“, so W.
Heute hätten sich seine Vorstellungen relativiert: „Nach Bekanntwerden des NSU ist auch ans Licht gekommen, dass die Tat in der rechten Szene in und um Kassel bekannt war.“
Rolle des Verfassungsschützers Temme
W. äußerte sich auch zu dem in Verdacht geratenen Verfassungsschützer Andreas Temme. Temme, der auch rechte V-Männer betreute, hielt sich zum Tatzeitpunkt in dem Internetcafé aufhielt. Dennoch will er nichts von dem Mord mitbekommen haben.
W. hält ihn nicht für zwingend tatverdächtig, räumt aber gleichzeitig ein, dass Temme nur „widerwillig“ zur Aufklärung beitrage. Mit dieser uneindeutigen Position trägt Ermittler W. wiederum wenig dazu bei, die Rolle des Verfassungsschutzes bei den Ermittlungspannen im Kasseler NS-Mord aufzudecken.
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