NS-Dokumentationszentrum in München: Vom Braunen Haus zum weißen Kubus
München tat sich jahrelang schwer mit der Aufarbeitung seiner Geschichte unter den Nazis. Nun wird endlich der Grundstein für das Dokumentationszentrum gelegt.
MÜNCHEN taz | Bereits 1996 stellte der Bezirksausschuss Maxvorstadt den ersten Antrag auf ein Dokumentationszentrum in dem Gebiet, das Klaus Bäumler, der ehemalige Vorsitzende dieses Stadtteilparlaments, „das Parteiviertel“ nennt. Rund 5.000 Mitglieder der NSDAP arbeiteten hier in den verschiedenen Verwaltungseinheiten, darunter das Gestapo-Hauptquartier und der ehemalige „Führerbau“, in dem 1938 das Münchner Abkommen unterzeichnet wurde. Auf Gegenliebe stieß der Antrag nicht.
„Damals hieß es vielfach, dass man so etwas in München nicht braucht“, berichtet Bäumler. „Wer sich an den Nationalsozialismus erinnern wolle, der solle zur KZ-Gedenkstätte nach Dachau fahren.“ München, die ehemalige Hauptstadt der Bewegung, beschränkte die Aufarbeitung der eignen NS-Vergangenheit jahrzehntelang auf die Opfer und den Widerstand der Weißen Rose. Erst jetzt, mit der Errichtung des geplanten Dokumentationszentrums, soll auch die Täterseite Beachtung finden.
Am Freitag wird der Grundstein für das NS-Dokumentationszentrum gelegt . Im Sommer 2014 soll der „Lernort“ auf dem Gelände der NSDAP-Zentrale, des „Braunen Hauses“, fertig sein.
Einen entsprechenden Beschluss fasste die Stadt im Jahr 2001. Die Stadt München, der Freistaat Bayern und der Bund einigten sich 2009 auf die Verteilung der Kosten in Höhe von 28 Millionen Euro. Eine Arbeitsgruppe aus vier Historikern präsentierte zu Beginn des Jahres ein Ausstellungskonzept. Man wolle die Gründe für den Aufstieg Hitlers in München mit Blick auf den historischen Ort analysieren, so der Kulturreferent Hans-Georg Küppers.
Doch auch in jüngster Vergangenheit gab es Querelen um das Zentrum. Im Oktober 2011 wurde die Gründungsdirektorin des Zentrums, die Historikerin Irmtrud Wojak, von ihrer Aufgabe entbunden. Kritiker werfen Wojak mangelnde Kooperationsbereitschaft mit anderen Stellen in München vor, die bereits umfassend zu diesem Thema geforscht hatten. Das Planungsteam ist derzeit ohne Leitung. Mit dem Bau des weißen Kubus wurde aber bereits letzten Sommer begonnen, so dass der Grundstein nun bereits in die Bodenplatte des Erdgeschosses eingebracht werden kann.
[Anmerkung der Redaktion: Fälschlicherweise stand in diesem Artikel 1981 statt 1996. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.]
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!