NRW-Spitzenkandidatin der Grünen: "Schwarz-Grün ist eine Option"
Die Spitzenkandidatin der NRW-Grünen, Sylvia Löhrmann, kann sich nicht vorstellen, dass Rüttgers bei den verkauften Terminen ahnungslos war. Und würde sich trotzdem mit seiner CDU zusammentun.
taz: Frau Löhrmann, 80 Prozent der Nordrhrein-Westfalen glauben Jürgen Rüttgers nicht mehr. Sie können sich nicht vorstellen, dass der Ministerpräsident nichts vom Versuch seiner CDU wusste, Gespräche mit ihm an Wirtschaftsvertreter zu verkaufen. Warum wollen Sie trotzdem mit Rüttgers koalieren?
Sylvia Löhrmann: Wir wollen mit der SPD regieren - und dank der Chaostage in Berlin und Düsseldorf wird ein Bündnis mit der SPD auch immer wahrscheinlicher. Wir Grüne richten all unsere Kraft darauf, die Regierung Rüttgers abzulösen.
Das war der offizielle Parteisprech - dabei ist Schwarz-Grün wahrscheinlich: Was machen Sie, wenn CDU und FDP nach den Landtagswahlen keine Mehrheit haben?
Sylvia Löhrmann, 53, ist seit 1999 Fraktionschefin der Grünen im Düsseldorfer Landtag. Für den Fall einer grünen Regierungsbeteiligung wird die Lehrerin als stellvertretende Ministerpräsidentin und Bildungsministerin gehandelt.
Dann sprechen wir zuallererst mit der SPD. Ich bin mir sicher, dass eine Regierung mit SPD-Chefin Hannelore Kraft und mir an der Spitze konfliktfreier arbeiten wird als mit der SPD von Wolfgang Clement - denn mit dem haben auch wir so unsere Erfahrungen gemacht.
Für Rot-Grün allein dürfte es aber nicht reichen. Warum kämpfen Sie nicht für Rot-Rot-Grün?
Das ist für uns eine Zweitoption - unter der Voraussetzung, dass die Linke auch mit in die Regierung eintritt und nicht auf eine rot-grüne Minderheitsregierung setzt. Die wird es mit uns nicht geben. Ansonsten könnte man Themen wie die Einführung eines Sozialtickets im öffentlichen Nahverkehr und die Abschaffung der Studiengebühren umsetzen.
Und die CDU?
Wir sind bereit auszuloten, ob es Gemeinsamkeiten geben könnte. Dann muss sich die CDU aber bewegen und eine Energiewende und längeres gemeinsames Lernen möglich machen. Aber: Gespräche mit der CDU sind nur eine von mehreren Zweitoptionen für die Grünen, keine Koalitionsaussage. Wenn die Inhalte nicht stimmen, gehen wir in die Opposition.
40 Prozent der Wähler fordern Rüttgers Rücktritt. Warum greifen die Grünen nicht stärker an?
Wir greifen Rüttgers an. Wir haben seine Staatskanzlei aufgefordert, sämtliche Werbebriefe der Jahre 2004 bis 2010 und die dazugehörigen Terminbegleitungsmappen offenzulegen. Sollte sich dadurch herausstellen, dass der Ministerpräsident gelogen hat, wäre er nicht mehr tragbar.
Fordern Sie denn Rüttgers Rücktritt?
Wie den meisten Bürgerinnen und Bürgern sagt auch mein gesunder Menschenverstand, dass es unwahrscheinlich ist, dass Rüttgers von den verkauften Gesprächen nichts wusste. Es besteht also der Verdacht, dass er gelogen hat. Sollte er dann trotzdem nicht zurücktreten, haben die Menschen am 9. Mai selbst die Möglichkeit, ihn per Kreuz auf dem Wahlzettel aus dem Amt zu jagen. Dafür kämpfen wir.
Die SPD plant bereits eine Kampagne nach dem Motto: Wer Rot-Grün will, muss SPD wählen - sonst kommt Schwarz-Grün.
Dann kontern wir mit der Gefahr einer großen Koalition: Wer SPD wählt, kann genauso gut für Rüttgers stimmen. Ich werbe aber dafür, nicht gegeneinander zu arbeiten. Wir wollen Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin wählen. Ich würde mich riesig freuen, wenn NRW künftig von zwei starken Frauen regiert wird. Am 9. Mai ist Muttertag: Wer will da schon Männer wählen?
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