NRW-Justizminister lässt sich mustern: Grüner an die Front
Benjamin Limbach war als junger Mann beim Bund und will nun wieder hin. Kritiker mögen einwenden, er soll sich erst mal um seinen Job im Kabinett kümmern.
 
Neben dem NRW-Landesjustizministerium in Düsseldorf stehen noch immer Denkmäler zur Verherrlichung des preußischen Militarismus. Vor dem Eingang des Regierungsgebäudes thront ein Reiterstandbild von „Reichsgründer“ Kaiser Wilhelm, dem Ersten. Wenige Meter entfernt: eine martialische Bismarck-Statue – samt Pickelhaube, Schwert und Uniform.
Den aktuellen Hausherrn des Ministeriums zieht es ebenfalls zum Militär. Allerdings soll dieser Move nicht an nationalistisch-aggressive deutsche Traditionen anknüpfen, sondern ein Zeichen setzen in der aktuellen Debatte über Wehrpflicht und Aufrüstung.
NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) hat sich bei der Bundeswehr nachmustern lassen. Er will wieder als Reservist herangezogen werden können. „Unser Land und unsere Werte zu verteidigen ist nicht nur Aufgabe der jüngeren Generation, sondern ebenso von uns Älteren“, sagte Limbach der dpa.
Als junger Mann hatte sich der Sohn der früheren Verfassungsrichterin Jutta Limbach während seines Grundwehrdienstes für eine zweijährige Ausbildung als Reserveoffizier verpflichtet. Nun knüpft er daran an. Allerdings ist Benjamin Limbach schon 56 Jahre alt. Ob sein Comeback in Uniform im Verteidigungsfall einen Unterscheid machen würde, darf schon deshalb bezweifelt werden.
Nicht der erste Grüne
Der Landesminister aus NRW ist nicht der erste Grüne, der sich kriegstüchtig positioniert. Robert Habeck, für öffentlichkeitswirksame Auftritte immer noch die grüne Benchmark, hatte schon vor Monaten erklärt, dass er heutzutage wohl nicht mehr den Wehrdienst verweigern würde. Cem Özdemir nahm schon vor Jahren in Uniform an einer Informationswehrübung teil, andere Grüne machten es ihm nach.
Kritiker mögen einwenden, dass Limbach vor dem Dienst in Uniform erst einmal seinen Dienst als Minister im schwarz-grünen Landeskabinett optimieren sollte. Bei den jüngsten NRW-Kommunalwahlen musste seine Partei landesweit deutliche Verluste einstecken. Und laut einer Umfrage aus dem Sommer kennt nur jeder Vierte in NRW den seit 2022 amtierenden Justizminister. Noch unangenehmer für Limbach: Bei den Kompetenzwerten landete er gemeinsam mit der viel kritisierten Fluchtministerin Josefine Paul (ebenfalls Grüne) auf dem letzten Platz.
Und dann ist da noch ein Skandal, der Limbach seit Jahren beschädigt und einen Untersuchungsausschuss im Landtag beschäftigt. Die Justizaffäre dreht sich um die Präsidentenstelle am Oberverwaltungsgericht NRW: Limbach wird vorgeworfen, eine ihm bekannte, aber wenig geeignete Kandidatin für den Posten bevorzugt zu haben. Verwaltungsgerichte stoppten das Besetzungsverfahren. Seitdem wird juristisch und politisch heftig über den Fall gestritten.
„Justizminister Limbach ist mit allen seinen Bemühungen, seine bevorzugte Kandidatin unrechtmäßig durchzusetzen, vollends gescheitert“, sagte die SPD-Abgeordnete Nadja Lüders. Limbach räumte Fehler ein. „Ich habe in dem Verfahren Federn gelassen“, sagte er – blieb aber trotz Rücktrittsforderungen im Amt.
Der Charme von Bad Münstereifel
Der Minister hat wenig politische Erfahrung. Der Ex-Sozialdemokrat trat erst 2018 bei den Grünen ein. Seine Nominierung als Landesminister kam 2022 überraschend. Er versucht, sich als bürgerrechtlich profilierter Gegenspieler von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) zu positionieren. Zugleich musste er nach dem Anschlag von Solingen im letzten Jahr ein Sicherheitspakt mit der Union aushandeln und durchwinken, das bei den Grünen wenig Begeisterung auslöste.
Limbachs öffentliche Auftritte wirken auch nach Jahren im Ministeramt manchmal noch etwas steif. Rhetorisch versprüht er den Esprit eines Direktors der Fachhochschule für Rechtspflege in Bad Münstereifel oder eines Präsidenten der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl. Beides sind tatsächlich frühere Jobs des Juristen. Mutmaßlich käme Benjamin Limbach mit diesem Stil beim Militär ganz gut an – wenn ihn die Bundeswehr wirklich irgendwann ruft.
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