NRW-Innenminister über DFL-Konzept: „Nur mit Fans und Ultras gemeinsam“
Die Vereine hätten den Dialog mit den Fans eher suchen müssen, sagt NRWs Innenminister Jäger. Er hofft, dass das verschärfte Sicherheitskonzept dennoch kommt.
taz: Herr Jäger, der 12-minütige Schweigeprotest in den Bundesligastadien gegen das verschärfte DFL-Sicherheitskonzept macht Eindruck, weil er von einer breiten Masse getragen wird. Besteht die Gefahr, dass man mit den geplanten Maßnahmen potenzielle Bündnispartner verliert – nämlich die gemäßigten Fans?
Ralf Jäger: Das glaube ich nicht. Grundsätzlich wollen wir die Fans – und dazu zählen auch die Ultras – mit im Boot haben. Aus den Stadien rausgehalten werden soll nur die kleine Minderheit der Straf- und Gewalttäter, die dem Fußball schaden.
Im Unterschied zu vielen Fans halten Sie aber die DFL-Pläne für zu lasch. Wie soll denn da die Brücke zu den moderaten Fans geschlagen werden?
Ich gebe Ihnen ein gutes Beispiel. Der 1. FC Köln hatte letztes Jahr Probleme mit der Ultra-Gruppe Wilde Horde. Der Verein hat daraufhin alle Fangruppen an einen Tisch geholt – und klare Grenzen aufgezeigt. Das zeigt Wirkung: Es gab in dieser Saison noch keine einzige Ausschreitung. Es ist noch viel Luft nach oben, was die Vereine leisten können
Und was hätte denn beim DFL-Sicherheitspapier mehr geleistet werden müssen?
Beispielsweise wird kein klares Bekenntnis der Vereine und der Ultra-Gruppen zur Gewaltfreiheit eingefordert. Und es fehlt mir auch eine Erklärung, dass man mehr Geld dafür investiert, um mehr Ordner einzusetzen, dieses besser zu qualifizieren und diese auf die Auswärtsfahrten mitzuschicken.
geboren 1961 in Duisburg, hat Groß- und Außenhandelskaufmann gelernt und später Pädagogik studiert. Seit 2000 ist der SPD-Politiker Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen und seit 2010 Innenminister dieses Bundeslandes.
Muss nachgebessert werden?
Das meiste geht in die richtige Richtung. Ich hoffe, dass das Papier am 12. Dezember beschlossen wird.
Warum diese Eile?
Weil die Zahl der Straftaten mit Verletzungsfolgen von Jahr zu Jahr steigt. Und wir haben das Problem, dass 30 Prozent der Einsatzzeit der Bereitschaftspolizei beim Fußball aufgewendet werden. Da müssen wir runter.
Welche Mittel hat die Politik gegenüber dem organisierten Fußball, falls es morgen keine Einigung gibt?
Dann müssen wir etwa über die Kostenerstattung von Polizeieinsätzen und die Reduzierung von Stehplätzen reden. Das wollen wir aber nicht. Wir haben so eine schöne Fan- und Fußballkultur in Deutschland.
DFL-Chef Reinhard Rauball sagte jüngst, man lasse sich nicht von der Politik treiben, und wies auf die Verbandsautonomie hin …
Das ist völlig in Ordnung. Wir erwarten aber auch etwas vom Fußball. Gemeinsam haben wir einen Bedarf an mehr Sicherheit festgestellt. Wenn die Umsetzung nun an der Uneinigkeit zwischen Vereinen und Verbänden scheitert, muss die Politik alleine entscheiden.
Viele Fans fürchten, dass das Stadion zum rechtsstaatsfreien Raum wird. Die angekündigten „Vollkontrollen“ am Eingang haben für viel Aufregung gesorgt …
Das zeigt, wie emotional die Diskussion geführt wird. Das liegt auch daran, dass die Fangruppen das Gefühl haben, nicht richtig eingebunden zu sein. Das ist ein Kommunikationsproblem der Vereine und der Verbände.
Ein Versagen der Vereine und Verbände also?
Man hätte den Dialog mit den Fangruppen eher beginnen müssen. Aber das ist jetzt vergossene Milch, jetzt liegt das Konzept vor.
Wenn Sie selbst bemängeln, dass die Fans so spät eingebunden wurden, müssten Sie nicht auch für mehr Zeit zum Dialog plädieren?
Nein, wir wollen ja, dass es in der nächsten Saison tatsächlich umgesetzte Maßnahmen gibt. Außerdem sprechen wir über ein Rahmenkonzept, dessen Ausgestaltung nur mit den Fans gemeinsam klappen wird – also auch mit den Ultra-Gruppierungen.
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