piwik no script img

NRW-Genossen auf Linkskurs"Rot-Rot-Grün ist vorstellbar"

Offiziell will Nordrhein-Westfalens SPD die Linke bekämpfen - doch sieben Monate vor der Landtagswahl werben immer mehr Sozialdemokraten für Rot-Rot-Grün.

Hinter den Kulissen für Rot-Rot-Grün: Hannelore Kraft, hier begleitet von Matthias Platzeck, beide SPD. Bild: reuters

DÜSSELDORF taz | Nordrhein-Westfalens SPD öffnet sich für ein rot-rot-grünes Bündnis. Mag Landesparteichefin Hannelore Kraft die Linke offiziell für "weder inhaltlich noch personell regierungs- oder koalitionsfähig" erklären - im Landesvorstand werben immer mehr Sozialdemokraten für die "Machtoption" einer solchen Koalition. "Rot-Rot-Grün ist vorstellbar", sagt der Landesparteivize Jochen Ott mit Blick auf die in sieben Monaten anstehenden Landtagswahlen im größten Bundesland. "Eine Zusammenarbeit mit der Linken haben wir nie ausgeschlossen", betont der Landtagsabgeordnete Karsten Rudolph. Und Franz-Josef Drabig, Vorsitzender des größten SPD-Unterbezirks Dortmund, glaubt: "Ohne Rot-Rot-Grün können wir einen Regierungswechsel vergessen."

Selbst Parteichefin Kraft wirbt nach taz-Informationen hinter den Kulissen für die Alternative zur schwarz-gelben Regierungskoalition von CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers: So soll sie nordrhein-westfälische SPD-Bundestagsabgeordnete, die sich für Rot-Rot-Grün im Bund erst für 2013 starkmachen, anrufen und mahnen, an Rhein und Ruhr werde bereits 2010 gewählt.

Inhaltlich bewegen sich die Sozialdemokraten bereits auf die Linke zu - bei den Bundestagswahlen hatte die SPD in ihrem einstigen Stammland gerade 28,5 Prozent der WählerInnen erreicht, selbst Kraft sprach von einer "katastrophalen Niederlage". Zwar warnt die Parteivorsitzende, es sei wenig glaubwürdig, die Agenda 2010 komplett abzuräumen. Das Schonvermögen, dass Langzeitarbeitslose behalten dürfen, möchte aber auch Kraft erhöhen, und im Landesvorstand wollen immer mehr Genossen die Rente mit 67 kippen.

Personell hoffen die Sozialdemokraten auf den Nominierungsparteitag der Linken Anfang November: Statt der radikalen Antikapitalistischen Linken (AKL) könnten sich dort moderatere Strömungen durchsetzen. "Bei der Linken sitzen meine ehemaligen Betriebsräte von Hoesch", erzählt der Dortmunder Drabig, einst Manager des Stahlkonzerns. "Das sind keine Spinner." Und SPD-Vize Ott lobt den Parteivorsitzenden der Linken in Köln, Hans-Günter Bell: "Der war mal unser Juso-Vorsitzender. Der ist ganz bestimmt kein Mauerschütze", sagt Ott mit Blick auf die CDU - deren Landesgeneralsekretär Hendrik Wüst fährt seit Monaten eine wütende Kampagne gegen die SPD, fordert von den Genossen eine Distanzierung von den "Linksradikalen" der Linkspartei, nennt Kraft mit Blick auf die gescheiterte SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti nur "Kraftilanti".

Beifall bekommt die SPD dagegen von der Linken und den Grünen. "Wir wollen Rüttgers ablösen", sagt Linke-Vize Ralf Michalowski. NRW-Grünen-Vorsitzender Arndt Klocke betont zwar die Eigenständigkeit seiner Partei - "ich sehe die Grünen in keinem Lager" -, sagt aber auch: "Wir Grünen sind für die Linke gesprächsbereit." Klocke warnt die SPD, die in Thüringen erneut auf eine große Koalition setzt, vor einer weiteren Zusammenarbeit mit der CDU: "Thüringen macht mich fassungslos."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • MS
    M. Stocker

    Linksruck in der SPD! Yeah!!

     

    Ausgerechnet NRW! Diese Wiege eines fast unzerstörbaren politischen Verbundwerkstoffes: Filz und Beton. Erfinder: Clement, Steinbrück, Müntefering. Die NRW-SPD wirds richten, was die hessische und die thüringische SPD versemmelt haben. Ich glaube schließlich auch an den Weihnachtsmann, und an den Nikolaus dazu.

     

    Was wirds nach den Wahlen geben, wenn es je rechnerisch reicht? Ein Tänzchen wie in Thüringen! Man wird sich im Wahlkampf nach links drehen, und nach der Wahl aber nicht nur um 90°, sondern gleich um 270°.

     

    18% sind immer noch zuviel für diesen Haufen.

  • A
    axel

    Ergänzende Information:

    "Rebellische SPD-Mitglieder wollen eine Mitgliederbefragung über die neue Parteispitze durchsetzen. Die Kritik zielt auf NRW-Landeschefin Hannelore Kraft: Sie stehe nicht für einen glaubwürdigen Kurswechsel......

    Eine Spitze, die auf die NRW-Parteivorsitzende Hannelore Kraft zielt. "Sie hat als Wissenschaftsministerin die Einführung von Studiengebühren für Langzeitstudenten mitgetragen", kritisiert Rath. Die Mülheimerin habe die Agenda-Politik des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder und von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier mitgetragen. "Wie kann sie glaubwürdig für einen Kurswechsel stehen?", fragt der Genosse. Die Partei müsse sich zunächst programmatisch neu orientieren. "Erst dann sollten die Posten vergeben werden, nicht umgehkehrt."........"

    aus : Rheinische Post online vom 05.10.2009

     

    http://nachrichten.rp-online.de/article/politik/Die-Sozialdemokraten-in-der-SPD/54037

  • K
    KMarianne

    Naja, die SPD-Landesparteichefin Hannelore Kraft paßt gut zu den aktuellen Führungsfiguren der SPD. Sie ist weiblich (für die junge Wählerin?), blond (hebt sich bei Gruppenbildern gut ab, sag ich als Lady), beherrscht das Dauergrinsen genauso gut wie das mittlerweile SPD-übliche Verdreh- und Verschleierungssprech. Ihr Kurs? Die Macht. Das Land und die Menschen? Ach ja, da war ja noch was...

  • MS
    M. Stocker

    Linksruck in der SPD! Yeah!!

     

    Ausgerechnet NRW! Diese Wiege eines fast unzerstörbaren politischen Verbundwerkstoffes: Filz und Beton. Erfinder: Clement, Steinbrück, Müntefering. Die NRW-SPD wirds richten, was die hessische und die thüringische SPD versemmelt haben. Ich glaube schließlich auch an den Weihnachtsmann, und an den Nikolaus dazu.

     

    Was wirds nach den Wahlen geben, wenn es je rechnerisch reicht? Ein Tänzchen wie in Thüringen! Man wird sich im Wahlkampf nach links drehen, und nach der Wahl aber nicht nur um 90°, sondern gleich um 270°.

     

    18% sind immer noch zuviel für diesen Haufen.

  • A
    axel

    Ergänzende Information:

    "Rebellische SPD-Mitglieder wollen eine Mitgliederbefragung über die neue Parteispitze durchsetzen. Die Kritik zielt auf NRW-Landeschefin Hannelore Kraft: Sie stehe nicht für einen glaubwürdigen Kurswechsel......

    Eine Spitze, die auf die NRW-Parteivorsitzende Hannelore Kraft zielt. "Sie hat als Wissenschaftsministerin die Einführung von Studiengebühren für Langzeitstudenten mitgetragen", kritisiert Rath. Die Mülheimerin habe die Agenda-Politik des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder und von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier mitgetragen. "Wie kann sie glaubwürdig für einen Kurswechsel stehen?", fragt der Genosse. Die Partei müsse sich zunächst programmatisch neu orientieren. "Erst dann sollten die Posten vergeben werden, nicht umgehkehrt."........"

    aus : Rheinische Post online vom 05.10.2009

     

    http://nachrichten.rp-online.de/article/politik/Die-Sozialdemokraten-in-der-SPD/54037

  • K
    KMarianne

    Naja, die SPD-Landesparteichefin Hannelore Kraft paßt gut zu den aktuellen Führungsfiguren der SPD. Sie ist weiblich (für die junge Wählerin?), blond (hebt sich bei Gruppenbildern gut ab, sag ich als Lady), beherrscht das Dauergrinsen genauso gut wie das mittlerweile SPD-übliche Verdreh- und Verschleierungssprech. Ihr Kurs? Die Macht. Das Land und die Menschen? Ach ja, da war ja noch was...