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■ NRW: Die SPD hofft auf Alleinherrschaft, Garzweiler soll helfenEnde der Schonfrist

Der Braunkohletagebau Garzweiler II dient als eine Art Lackmustest – nicht für die Regierungsfähigkeit der Bündnisgrünen in Nordrhein-Westfalen, sondern für die Koalitionswilligkeit der Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr. Es mag der Spekulation überlassen bleiben, ob die grüne Umweltministerin in NRW, Bärbel Höhn, die gegen ihre innere Überzeugung entscheiden mußte, diesen Test wollte. Jedenfalls hat sie jetzt ein klares Ergebnis: Wolfgang Clement duldet die rot-grüne Koalition in Düsseldorf, er will sie nicht. Andernfalls hätte er seine Kabinettskollegin gegen die geifernden Reaktionen der Kohlelobby in Schutz nehmen müssen, statt ihnen ohne Zögern zuzustimmen. Das wäre nicht nur politisch, sondern auch sachlich geboten gewesen.

Die grüne Umweltministerin hat aus einer juristischen Zwangsjacke zwar keinen Ausweg gefunden. Den gab es nicht mehr. Aber sie hat ein kleines, grünes Fähnchen aufgestellt. Darauf erinnert sie die Herren der Braunkohlelöcher an ihre Zusagen. Die lauten: Schutz der Feuchtgebiete bis 2050. Höhn erklärt, ich vertraue den Versprechungen zwanzig Jahre lang, aber ich überprüfe von Zeit zu Zeit ihre Einhaltung. Eine Selbstverständlichkeit, wozu sonst leisten wir uns eine Umweltministerin? Nach dieser Frist wird entschieden, ob das Vertrauen gerechtfertigt war. Weniger kann man kaum verlangen. Wenn die Verantwortlichen bei Rheinbraun sich ihrer Sache sicher sind, gibt es keinen Grund für das Geschrei. Dann ist die Genehmigung automatisch unbefristet.

Geht es noch um die Braunkohle, um Arbeitsplätze? Dagegen spricht, daß selbst in der Spitze der Konzernmutter die Zweifel wachsen, ob das Jahrhundertloch noch gebraucht wird, ob es sich noch rechnet. Ganz nebenbei: Seit fünf Jahren liegen Studien vor, die für jeden, der lesen will, nachvollziehbar belegen, daß in Garzweiler die bundesdeutsche Klimapolitik begraben wird.

Der Dauerstreit um die Braunkohle ist längst zum Hebel geworden, mit dem SPD und Gewerkschaften hoffen, die alte Schlachtordnung an Rhein und Ruhr wiederherstellen zu können. Ohne die grünen Emporkömmlinge. Die von Bonn verordnete Schonfrist ist mit der Kanzlerwahl am Dienstag endgültig abgelaufen, die Jagd eröffnet. Sie wird so lange weitergehen, wie die Demoskopen den Sozialdemokraten in NRW die Hoffnung auf eine absolute Mehrheit nicht austreiben. Gerd Rosenkranz

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