NPD-Politiker Pastörs: Urteil wegen Volksverhetzung bestätigt
"Es geht um rechtsradikale Hetze": Das Saarbrücker Landgericht hat die Verurteilungen des NPD-Funktionärs Udo Pastörs wegen Volksverhetzung bestätigt. Dieser berief sich auf Thilo Sarrazin.
BERLIN taz | Das Urteil löste bei dem mecklenburg-vorpommerischen NPD-Fraktionsvorsitzenden Udo Pastörs Kopfschütteln aus. Am Dienstagnachmittag bestätigte das Landgericht Saarbrücken die Verurteilung von Pastörs durch das Amtsgericht Saarbrücken wegen Volksverhetzung und verhängte erneut eine Haftstrafe über 10 Monate auf Bewährung und 6.000 Euro Geldstrafe. "Sie haben zum Hass gegen Juden und Türken aufgestachelt", sagte der Vorsitzende Richter, Andreas Lauer.
Im Saal 1 des Landgerichts missfiel der Schuldspruch in dem Berufungsverfahren Besuchern. "Herr Sarrazin sagt doch ähnliches und wird von Talkshow zu Talkshow gereicht", sagte ein Zuhörer. Zur rechtsextremen Szene gehöre er nicht. In den Stuhlreihen des Saals saß aber einige NPD-Prominenz wie etwa der saarländische NPD-Landesvorsitzende Frank Franz oder der mecklenburg-vorpommerische Landtagsabgeordnete Birger Lüssow. Vor Prozessbeginn hatten schon an die 30 NPD-Anhänger am Gericht für einen Freispruch ihres NPD-Funktionärs protestiert. Im Stadtrat von Saarbrücken und Völklingen sitzt die NPD. Hier vor dem Gericht waren sich alle einig, das Pastörs in seiner Aschermittwochsrede 2009 ungestraft gegen die "Judenrepublik" und türkischen Einwandere hätte wettert dürfen. "Meinungsfreiheit gehört zur Demokratie", sagte Peter Marx, Geschäftsführer der NPD in Mecklenburg-Vorpommern.
Eine Aussage, die Richter Lauer mit dem Urteil nicht angreift. Im Gegenteil: Er führte aus, dass sehr wohl "umstrittene Meinungen in der öffentlichen Meinungsbild" rechtens sein, doch in der Rede wären alle Äußerungen gezielt gewählt wurden, um den "öffentlichen Frieden" zu stören. "Herr Pastörs, Ihre Rede beinhalt eine gesteigertes Maß von Gehässigkeit", erklärte Lauer.
Am Vormittag hatte das Gericht als Beweismaterial die gesamte 54-minütige Rede vom 25. Februar 2009 mit Bild- und Tonmaterial wiedergegeben. Leicht lächeln hörte sich Pastörs seine Worte an. Zufrieden schien der Fraktionschef in Trachtenjacke mit grünen Stehkragen und kurzen Harrschnitt über seine wiedergegeben Aussagen zu sein, schließlich erklärte er "nicht schuldig" zu sein. Vor dem Abspielen ermahnte Lauer die Zuschauer Beifallsäußerungen zu unterlassen und drohte Geldstrafe an. Nicht ohne Grund: Vor dem Amtgericht applaudierten am 6. Mai dieses Jahres beim Vorspielen der Rede die rechtsextremen Gäste. Nun lächelten die NPD-Mitglieder und -Freunde leise vor sich hin als Pastörs Worte von der NPD-Veranstaltung durch den Gerichtsaal klangen.
Mit Schwung sagte er bei Veranstaltung, das dass "gesamte Finanzgebäude dieser Judenrepublik kaputt geht" und das die deutsche Bank den "Krummnasen auf dem Leim" gegangen wären. Bei der NPD-Veranstaltung sagte er weiter, "dass, die Türken, deren frühere militärische Versuche, Europa zu erobern, gescheitert seien". Heute reisten sie nicht mehr mit Krummsäbeln ein, "sondern mit Kopftüchern an ihrer Seite und einer höchst gefährlichen Samenkanone". Vor laufenden Fernsehkameras sagte er zudem, das man sich gegen diese "Bedrohung" wehrhaft entgegenstellen müsse: "Mit Herz, Verstand und wenn nötig mit der Hand".
Im Saal 1 führte Pastörs zu seiner Verteidigung immer wieder Thilo Sarrazin an. Beim Stichwort "Samenkanone" führte Pastörs an, Sarrazin sage, "das die Türken in Deutschland lauter Kopftücher produzieren, die nicht zum Lebensunterhalt beitragen. Diesen Punkt habe ich ähnlich gemeint", sagte Pastörs und führte weitere kritische Aussagen von CSU- und SPD-Bundespolitiker zum Immigrationsdebatte an. "Hier geht es nicht um die Reden von Herrn Sarrazin, oder dem Gequatsche was da noch folgte", konterte Oberstaatsanwalt Raimund Weyand und legte dar, dass das Vokabular der Reden an den Nationalsozialismus erinnern sollte.
Mit der Wortwahl habe Pastörs Türken und Juden das Lebensrecht als gleichwertige Personen abgesprochen. "Es gehrt um rechtsradikale Hetzte, es geht um eine Hetze eines Parteifunktionärs", die "motivieren und aktiveren sollte", sagte Weyand: "Der Angeklagte ist völlig unbelehrbar". Über 18 Monate Freiheitsstrafe und Bewährung mit 10.000 Euro Auflagen forderte der Staatsanwalt. Spöttisch erwiderte Paströrs: "Ich bekenne mich völlig unschuldig. Ich sehe so auch kein Grund, meine Einstellung zu ändern". Freispruch forderte so auch sein Anwalt Björn Clemens, der den Paragraph 130 (Volksverhetzung) grundsätzlich als einen "Kneblungsparagrafen und "Mundtodparagrafen" sieht. Noch im Gerichtsflur kündigte Clemens an, Revision einzulegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch