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NPD-Aufmarsch blockieren?Contra: Lasst sie laufen!

Bert Schulz
Kommentar von Bert Schulz

Der Aufmarsch ist eine Provokation. Dennoch sollte man die Neonazis mit Desinteresse strafen und möglichst schnell wieder abziehen lassen.

NPD-Protest im Februar in Berlin. Bild: dpa

D er Aufmarsch der NPD am Samstag durch Kreuzberg ist eine Provokation. Als nichts anderes war er von Landeschef Sebastian Schmidtke auch gedacht. Die am Donnerstag genehmigte Route weicht indes deutlich von den Zielen der Neonazis ab: Statt durchs Herz des von ihnen verhassten „Multikulti-Bezirks“ laufen sie an dessen Peripherie, die Kulisse ähnelt weitgehend dem, was sie von Auftritten in ostdeutschen Plattenbauburgen kennen. Das ist eine Schlappe.

Noch schlimmer würde diese, wenn auch das von ihnen erwünschte Medienecho weitgehend ausbliebe. Wenn sich also die Demo nicht auf Stunden hinzieht und von Blockaden unterbrochen wird. Sprich: Wenn sich einfach niemand für die paar Neonazis interessiert. Angemeldet sind 100 Rechte. Gut möglich also, dass nur 20 kommen. Für sie ein solches Aufheben zu machen, lohnt sich schlicht nicht.

Mobilisieren lohnt sich

Das bedeutet nicht, dass nicht mobilisiert werden sollte. Die Augen vor den Rechten zu verschließen, wäre die falsche Taktik. Aber viel souveräner als die körperliche Auseinandersetzung mit den Neonazis und der Polizei zu suchen ist es, den Aufmarsch so schnell wie möglich an sein geplantes Ziel – den U-Bahnhof Stadtmitte – zu begleiten. Umrahmt von lautem und leisem Protest.

Die Strecke ist drei Kilometer lang. Für einen guten deutschen Neonazi müsste das locker in einer halben Stunde zu schaffen sein. Plus ein paar Minuten für wirre Reden. So könnte schon um 13 Uhr der braune Spuk aus Kreuzberg und Mitte wieder verschwunden sein. Und kaum jemand würde sich an die versuchte Provokation erinnern. Das wäre ein Erfolg.

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Bert Schulz
Ex-Leiter taz.Berlin
Jahrgang 1974, war bis Juni 2023 Leiter der Berlin-Redaktion der taz. Zuvor war er viele Jahre Chef vom Dienst in dieser Redaktion. Er lebt seit 1998 in Berlin und hat Politikwissenschaft an der Freien Universität studiert.
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8 Kommentare

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  • Laufen lassen? Wie in Dresden? Weil der Spuk sich dann von selbst erledigt? Vor welchem Erfahrungshintergrund ensteht bitte eine solche Argumentation?

    • @Max Mutzke:

      Unsere Demokratie ist also so fragil, dass schon 100-200 Spinner diese zum Einstürzen bringen können?

      Auch wenn man die Positionen der Demonstranten verabscheut, es ist eine genehmigte Demonstration und demokratische Rechte gelten in Deutschland unabhängig von Religion, Geschlecht oder politischer Gesinnung. Demokratie ist manchmal anstrengend, aber Wert dafür zu kämpfen. Sind Sie Demokrat?

  • Laufen lassen?Absoluter Humbug!

    Da fordert man seit Jahren,Zeichen zu setzen und den Faschisten offensiv gegenüber zu treten,und da kommen Sie und meinen:"Laßt sie doch laufen,desto schneller ist der Spuk vorbei!"

    Ich sage:Auf keinen Fall!Wenn man Nazis den kleinen Finger gibt,wird daraus schnell ein erhobener rechter Arm.

  • Zu Velophil:

     

    Ich denke, so werden jene über Linke denken und reden, und meine, dass es keine gute Idee ist, Hass mit Hass zu beantworten. Das macht es nur noch schlimmer.

     

    Was Sie geschrieben haben, entspricht ungefähr dem, was Neo-Nazis fordern und im Kopf haben.

    Sie und Neo-Nazis: Brüder im Geiste.

    Bitte einmal drüber nachdenken!

  • Ja, Herr Schulz, der Meinung bin ich auch! Erst die Antifa und die Gewalt macht eine NPD-Demo interessant.

     

    Aber man sollte aufmerksam bleiben: Wenn 5 % oder mehr der Bevölkerung in Deutschland mit ihnen sympatisieren, sollten regelmäßig Gegendemos und Mahnwachen veranstaltet werden.

  • Nein. Und wenn sie hundertmal nur ein Teil des braunen Problems sind, auch wenn sie nur die Testidioten zum Ausloten der gesellschaftlichen Möglichkeiten zur Etablierung des offenen Rassismus sind, das ist alles kein Grund, ihnen den öffentlichen Raum zu lassen. Man solle auch die Wüste Gobi und Antarktis aus Umweltschutzgründen von ihnen verschonen, der einzig gute Platz ist eine schlechte Casting-Show oder sowas.

  • Laufenlassen? Gerne, ins Teufelsmoor, die Wüste Gobi, die Antarktis, meinetwegen auch bis zum Merkur. Und dann, liebe Nazis, bitte dableiben. Nicht wieder zurück, ja?

    • @Velophil:

      Demokratische Rechte nur nach Gesinnung? Ist es das, was Sie wünschen? Haben Sie ein Problem mit der Demokratie?