NIZZA: EURO-GRENZER HINDERN EURO-DEMONSTRANTEN AN DER EINREISE: You Got To Be Free
Nizza ist ein Wendepunkt. Das kann schon jetzt festgestellt werden. Nicht etwa wegen des vermeintlichen oder tatsächlichen Erfolgs der Staats- und Regierungschefs der 15 EU-Länder. Nein, Nizza wird trotz der Gipfelstürmer Geschichte machen. Dafür gibt es mindestens zwei Gründe. Der positive zuerst: In Nizza fand am Mittwoch die bislang größte europäische Basisveranstaltung statt. Nie sind so viele Menschen aus so vielen europäischen Ländern, so vielen Gewerkschaften und Organisationen und so unterschiedlichen politischen – wenngleich ausnahmslos linken – Lagern gemeinsam in Sachen Europa auf der Straße gegangen. Ihre Mobilisierung und ihre Vorstellungen von einem anderen Europa sind ein viel versprechendes Zeichen für die Zukunft der Demokratie.
Doch der positive Rekord ist überschattet von einem negativen: In Nizza hat das offizielle Europa die freie Meinungsäußerung auf bisher unbekannte Art eingeschränkt. Nicht nur, dass die europäische Basis gezwungen war, am Tag vor statt während des Gipfels selbst zu demonstrieren. Nicht nur, dass die Demonstration so hermetisch abgeriegelt wurde, als handele es sich dabei um eine Veranstaltung von Kriminellen. Die französischen Behörden maßten sich außerdem noch an, die Demonstranten nach politischen Kriterien zu selektionieren. Nicht genehme Demonstranten ließen sie erst gar nicht ins Land reisen. Zur Begründung wurde Artikel 2.2 des Schengener Abkommens bemüht: Gefahr für die innere Sicherheit.
Das ist nicht das erste Mal, dass Frankreich das Schengener Abkommen derart einsetzte. Mit seiner Hilfe haben die französischen Behörden bisher etwa in anderen Staaten Schengen-Staaten lebende iranische Opositionelle an der Einreise gehindert. Aber: Dieses Mal ist das Abkommen, dessen offizielles Ziel die Herstellung der Freizügigkeit für die europäischen Bürger ist, direkt und ausdrücklich gegen europäische Bürger angewandt worden. Gegen Bürger, die diese Freizügigkeit in Anspruch nehmen wollten.
Wenn europäische Verträge in ihrer extremsten polizeistaatlichen Variante eingesetzt werden, ist tatsächlich Gefahr im Verzug – Gefahr für die Demokratie in Europa. DOROTHEA HAHN
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