NFL-Team Detroit Lions: Wadenbeißer aus Michigan
Die lange verspotteten Footballer der Detroit Lions gehen als Topfavorit in die Play-offs. Verantwortlich dafür ist vor allem Trainer Dan Campbell.
D an Campbells Antrittsrede als Trainer der Detroit Lions im Januar 2021 machten den muskulösen Texaner für einige Zeit zum Gespött der Football-Welt. „Wir werden euch in die Zähne treten“, proklamierte er markig, „und wenn ihr zurückschlagt, werden wir euch auslachen. Und wenn ihr uns umhaut, stehen wir wieder auf und auf dem Weg nach oben beißen wir euch eine Kniescheibe ab.“
In seiner ersten Saison gewann Campbell mit den Lions lediglich drei Spiele. Demgegenüber standen 13 Niederlagen. Vom so martialisch angekündigten Kampfgeist konnte keine Rede sein. Die Lions bekamen einfach nur, um im Ton zu bleiben, in die Fresse.
Doch jetzt, drei Jahre später, lacht niemand mehr über Campbell. Die Lions haben gerade unter seiner Führung die erfolgreichste Saison ihrer Geschichte hinter sich gebracht. Mit dem Gewinn der Division NFC North haben sie sich als an Nummer eins gesetztes Team für die Play-offs qualifiziert, die am kommenden Wochenende beginnen. Und neben Titelverteidiger Kansas City gilt Detroit als Spitzenkandidat um den Gewinn der Meisterschaft.
Für die Wiedergeburt der Lions, die vor der vergangenen Saison 32 Jahre lang kein einziges Play-off-Spiel gewonnen hatten, wird in erster Linie Campbells Wadenbeißermentalität verantwortlich gemacht. Immer wieder wird von der Kultur der Mannschaft gesprochen, die Campbell mitgebracht hat und die vor allem darin besteht, niemals klein beizugeben. Eine Mentalität, die bestens zu einer Stadt passt, die von urbanem Verfall und Elend so stark geprägt ist, wie kaum eine andere amerikanische Großstadt.
Sturheit und Loyalität
So berichtet Campbells Assistenztrainer Scottie Montgomery davon, dass die Lions beinahe in jedem Training mit voller Schutzmontur auflaufen. „Wir fassen uns im Training nicht mit Samthandschuhen an. Wenn es sonntags hart wird, muss es auch am Freitag im Training hart zugehen.“ Dazu passt auch, dass die Lions in keinem Saisonspiel lockerließen, auch nicht, als ihnen schon längst ein Play-off-Platz sicher war. So deklassierten sie am vergangenen Wochenende die Minnesota Vikings, die sich schon für die Play-offs schonten, mit 31:9.
Doch die Sturheit Campbells, der sich in seiner aktiven Karriere als Tight End eine beachtliche Liste an Verletzungen zuzog und nach einer Blinddarmoperation nur eine Woche Pause machte, hat auch anrührende Seiten. Seine Loyalität etwa, die dazu geführt hat, dass er mit Jared Goff nun über einen Quarterback verfügt, dessen Qualitäten sich vor denen eines Patrick Mahomes kaum verstecken müssen.
Campbell hielt an Goff fest, als dieser am Tiefpunkt seiner Karriere stand. Bei einem Gespräch in Campbells Büro, bei dem Goff sich schon sicher war, entlassen zu werden, versicherte der Trainer ihm, dass er mit niemandem anders zusammen die Mannschaft wieder aufbauen wolle. Das Vertrauen von Campbell, der Mannschaft und bald der ganzen Stadt beflügelte Goff in diesem Jahr in seinem achten Profijahr zur besten Saison seiner Karriere.
Nun streben Campbell und Goff, nachdem die Lions im vergangenen Jahr im Halbfinale gegen San Francisco ausschieden, wie selbstverständlich die Super Bowl an. Und wenn es nicht klappt, wird mit ihnen gewiss auch nächste Saison zu rechnen sein.
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