NFL Europa: "Ich bedaure das"
Joe Cealera, Manager von Berlin Thunder, über das Ende der NFL Europa: "Es wurde viel Geld vernichtet".
taz: Herr Cealera, nach 15 Spielzeiten hat die NFL das Abenteuer Europa beendet, die Liga abgewickelt und damit auch Ihre Jobs. Sind Sie nicht sauer?
Joe Cealera, 39, hat bei den Munich Cowboys selbst Football gespielt. 1998 wechselte er als Marketingchef ins Management von Berlin Thunder. Seit 2005 ist er General Manager beim dreifachen World-Bowl-Sieger.
Joe Cealera: Nein, ich bin der NFL dankbar für die Möglichkeit, in Euroopa Football auf so einem Niveau etabliert zu haben. Für mich ist ein Traum wahr geworden, die Sportart, die wir lieben, hier zu propagieren. Ich bedauere es aber, dass es nicht möglich war, Football in Europa auf stabile finanzielle Beine zu stellen.
Es gab aber eine Bestandsgarantie bis 2010.
Ja, eine Bestandsgarantie gab es, aber mit einem Plan, bestimmte Zwischenziele zu erreichen. Aber die waren nicht realistisch. Es hätte auch schon 2005 zum Ende kommen können. Sicher sind jetzt viele enttäuscht, doch man kann der NFL keine Vorwürfe machen: Die sind mit dem Ziel hierher gekommen, nach einer gewissen Zeit vielleicht nicht Geld zu verdienen, aber zumindest keins mehr zu verlieren. Auch der Besitzer einer Imbissbude stellt, wenn er sich nicht mehr trägt, den Verkauf von Grillwürsten ein. Der Betrieb der NFL Europa hat nun mal Geld vernichtet.
NFL-Europa-Chef Bergheim ist dem Vernehmen nach mit nur zwei Optionen zu den Verhandlungen nach New York gefahren: Entweder Schließung oder Erweiterung auf zwölf Teams mit zusätzlichen 250 Millionen Dollar Investitionen für die nächsten acht Jahre. War diese Alles-oder-nichts-Haltung geschickt?
Die Vorgabe, bis 2010 die Verluste sukzessive zu verringern bis hin zu einer schwarzen Null, war bei der aktuellen Struktur der Liga unrealistisch. Es musste eine Änderung her und das war uns auch allen klar. Aber wenn du eine solche Änderung haben willst, musst du Tacheles reden. Um nicht zu sagen: jemandem die Pistole auf die Brust setzen.
War es ein Fehler, sich mit fünf von sechs Team zu sehr auf den deutschen Markt zu konzentrieren?
Nein, das war richtig. Football ist in Deutschland nun mal populärer als im Rest Europas.
Woran ist die NFL Europa dann gescheitert?
Die NFL wollte Geld verdienen und zugleich Spieler entwickeln. Und wir haben ganz klar gesagt: Wenn wir eine Business-Liga sind, dann brauchen wir Local Heroes, Spieler, die über drei, vier Jahre immer wieder kommen, aber damit war die NFL nicht einverstanden. Auf der anderen Seite sollten wir Erträge entwickeln. Beides ging nicht.
Hat die NFL die Bedürfnisse des europäischen Marktes wirklich verstanden?
[lange Pause]
Herr, Cealera, Sind Sie noch dran am Telefon?
Ja, ich denke nach. Dazu kann ich nichts sagen, weil ich nicht für die NFL sprechen kann.
War nur das geringe Interesse in Europa ein Problem, oder nicht vielmehr auch das geringe Interesse in den USA, wo man hoffte, die footballlose Zeit medial überbrücken zu können?
Sicherlich, aber in den USA ist die NFL Europa eigentlich erfolgreich in Pay-TV und Onlinestreaming. Bei den Footballfans in den USA kam die NFL Europa dort recht gut an. Aber vor allem in Europa, in Deutschland auch, hatte die NFL keinen Erfolg mit der TV-Präsenz.
Was bedeutet das Ende der NFL Europa für die Sportart American Football in Deutschland?
Natürlich ist das ein schwerer Schlag. Jetzt fehlt diese Stufe, dass sich junge Aktive als Profi entwickeln können. Wer jetzt Football spielen will, muss wie früher einmal in den USA an einer Highschool spielen, um dann in eine College-Mannschaft zu kommen und es von dort womöglich in die NFL zu schaffen.
Wann ist ihr letzter Arbeitstag?
Spätestens am 30.September mache ich das Licht aus.
INTERVIEW: THOMAS WINKLER
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