NEUES JOBGESETZ: ABSCHIED VOM ZWEITEN ARBEITSMARKT: Prinzip Gutschein
Man kennt das ja von Geburtstagen. Was machen Kinder, wenn sie nicht so recht wissen, was sie den Eltern schenken sollen? Richtig: Die Kleinen schenken Gutscheine. Für „3 x Einkaufen“ zum Beispiel. Oder für „3 x den Müll runterbringen“. Gutscheine sehen erst mal nach richtig viel Geschenk aus. Und mit der Einlösung … nun ja, darauf kann man nur hoffen. Mitunter vergeblich.
Auch Jobsuchende, die Arbeitslosengeld beziehen, sollen nach der gestern im Bundestag beschlossenen Neuregelung ab 1. April ein solches Geschenk erhalten. Wer länger als drei Monate ohne Job ist, bekommt vom Arbeitsamt einen Gutschein im Wert von 1.500 Euro. Der Gutschein steigt nach sechs Monaten Arbeitslosigkeit auf 2.000 Euro, nach neun Monaten auf 2.500 Euro.
Mit diesem Gutschein kann sich der Jobsuchende an einen privaten Arbeitsvermittler wenden. Besorgt ihm dieser eine Stelle, erhält der Vermittler das Geld. Die vielen tausend Gutscheine, die demnächst von Arbeitslosen durch die Gegend getragen werden, sollen Personalvermittler motivieren, für diese Leute irgendwo Jobs aufzutreiben. So jedenfalls hat sich das Riester gedacht. Doch wie das mit Gutscheinen so ist: Man weiß bei Erhalt nie, was man am Ende wirklich dafür bekommt.
Die Idee mit den Gutscheinen passt zwar zum neuen Trend in der Arbeitsmarktpolitik. Der so genannte zweite Arbeitsmarkt mit den vielen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen soll abgebaut werden. Doch an dessen Stelle tritt nur das Prinzip Hoffnung, Hoffnung auf einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt, gewissermaßen in der „wirklichen“ Arbeitswelt. Was aus dieser Hoffnung dann wird, ist aber noch nicht abzusehen. Denn vielleicht ist der „erste“ Arbeitsmarkt in der Privatwirtschaft gar nicht mehr das, was er mal war?
Die Situation zeigt sich schon jetzt in Brandenburg, zum Beispiel. Dort haben es Arbeitslose wie überall in der Bundesrepublik zunehmend schwerer, eine ABM-Stelle zu bekommen. Leichter hingegen fließen die Lohnkostenzuschüsse. Längst hat sich daher eine „zweite“, flexible Arbeitswelt gebildet, mit Lohnsubventionen und Zeitarbeitsfirmen.
Zeitarbeitsfirmen stellen Langzeitjobslose nämlich recht gern ein, so ist aus einem Arbeitsamt zu hören. Denn für jeden dieser Erwerbslosen bekommen sie einen hohen Lohnkostenzuschuss. Die Beschäftigten wiederum erhalten von der Zeitarbeitsfirma einen Lohn oft weit unter Tarif, das ist gesetzlich erlaubt. Die Zeitjobber werden dann an Firmen verliehen, die heute schon einen großen Teil ihrer Arbeit durch diese Billigarbeiter erledigen lassen. Die Zeitjobber hoffen jedoch darauf, bei dem Entleihunternehmen in Zukunft eine feste Stelle zu bekommen. In einigen Fällen klappt das, in den meisten nicht. Die „zweite Arbeitswelt“ funktioniert also nach dem Prinzip: Weniger Lohn – und dafür mehr Hoffnung. Das ist praktisch und wird wohl deshalb zum Modell der Zukunft. Schließlich kostet Hoffnung kein Geld.
BARBARA DRIBBUSCH
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