Mysteriöser Mord in Kenia: Zum Aufstand aufgefordert
Der Tod des terrorverdächtigen radikalen Predigers Aboud Rogo schürt tagelange Unruhen. Anhänger des islamischen Geistlichen plündern und randalieren.
NAIROBI taz | Die Unruhen in der kenianischen Küstenstadt Mombasa haben bis Mittwoch fünf Tote gefordert, darunter drei Polizisten. Auslöser war am Montag der Mord an einem islamistischen Geistlichen gewesen. Tausende seiner Anhänger waren daraufhin randalierend durch die Touristenmetropole gezogen. Sie errichteten Straßensperren, riegelten ganze Stadtteile ab, plünderten Geschäfte und griffen Kirchen an. Erst am Mittwochnachmittag schien sich die Lage zu beruhigen.
Da hatte Premierminister Raila Odinga bereits ausgemacht, wen er des Mordes an dem radikalen Prediger Aboud Rogo beschuldigen kann: Verantwortlich seien „Feinde des Landes“, die zwischen Christen und Muslimen Zwietracht säen wollten, erklärte er nach einem Treffen mit religiösen Führern in Mombasa. Eine „Untergrundorganisation“ habe das Attentat ausgeführt.
Aboud Rogo war am Montagnachmittag in seinem Auto erschossen worden, als er mit seiner Familie zum Krankenhaus fuhr. Von den Tätern fehlt jede Spur. Rogo galt als führendes Mitglied der somalischen islamistischen Shabaab-Miliz in Kenia. Er war deshalb mit UN-Sanktionen belegt. Die USA sahen in ihm auch den Verantwortlichen für das Attentat auf die US-Botschaft in Nairobi 1998, durch das mehr als 200 Menschen starben. Kenias Justiz beschuldigte ihn, Jugendliche für den „heiligen Krieg“ zu rekrutieren.
Zum Zeitpunkt seines Todes war Rogo außerdem wegen illegalen Waffenbesitzes angeklagt. Bei einer polizeilichen Durchsuchung seines Hauses im Februar wurden nach Berichten lokaler Medien eine Kalaschnikow, zwei Handgranaten, zwei Pistolen, 102 Zünder und 113 Kugeln gefunden. Aboud Rogo wurde verhaftet und kam gegen Kaution frei. Der Gerichtstermin war für den 15. Oktober angesetzt.
Anhänger des radikalen Predigers vermuten, dass die Täter im Auftrag der Regierung handelten. Rogo ist nicht der erste Terrorverdächtige, der in Kenia getötet wurde oder verschwand. Ein weiterer war Samir Hashim Khan, dessen verstümmelte Leiche im April in der Nähe eines Nationalparks gefunden wurde. Er war kurz zuvor von Bewaffneten aus einem Bus entführt worden. Khan wurde von der Regierung verdächtigt, die Shabaab-Miliz zu unterstützen. Dasselbe galt für seinen ebenfalls entführten Begleiter Mohammed Bekhit Kassim, der bis heute verschwunden ist. Gegen beide waren Verfahren anhängig – genauso wie gegen Rogo.
Nach dem Tod Khans hatte das kenianische „Muslim Youth Centre“ zum Aufstand aufgefordert. In Reaktion auf den Mord an Rogo soll die Shabaab-Miliz jetzt zum Boykott der Wahlen in Kenia 2013 aufrufen.
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