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Archiv-Artikel

Mysteriöse Löcher im Grenzzaun

UN-Beobachter werfen US-Marines vor, in die demilitarisierte Zone zwischen Kuwait und Irak eingedrungen zu sein. Damit würden die USA eine UN-Resolution verletzen

KAIRO taz ■ Schneisen in den kuwaitisch-irakischen Grenzzaun zu schlagen scheint die neuste Aktivität eines Teiles der mehr als 100.000 in der kuwaitischen Wüste stationierten US-Militärs zu sein. So lautet zumindest der Vorwurf der UN-Beobachter, die unter dem Namen Unikom die demilitarisierte Zone (DMZ) zwischen dem Irak und Kuwait bewachen sollen. Die Zone wurde 1991 vom UN-Sicherheitsrat mit derselben Resolution eingerichtet, die auch die Abrüstungsbestimmungen für den Irak enthält.

UN-Sprecher Fred Eckard spricht in New York vorsichtig von zahlreichen Verletzungen der DMZ seit dem 4. März durch in zivil gekleidete Männer, die in unmarkierten Allradfahrzeugen mehrmals in der Zone beobachtet worden seien. In einem Fall hätten sich die zum Teil bewaffneten Männer als US-Marines identifiziert, die sich mit Genehmigung der kuwaitischen Behörden in der DMZ aufhalten. Angeblich wollten sie ihre Funkausrüstung testen, wie sie den UN-Beobachtern erklärten.

Von mindestens drei neuen, 25 Meter breiten Breschen im Grenzzaun ist die Rede. Die unbekannten Männer seien zwar nie direkt beim Durchschneiden des Grenzzauns beobachtet worden, aber in mindestens einem Fall sei nach Angaben der UN-Beobachter kurz nach dem Eindringen der Männer in unmittelbarer Nähe auch ein Loch im Grenzzaun entdeckt worden, sagte der Sprecher der Unikom, Daljeet Bagga.

Ein Sprecher der in Kuwait stationierten US-Marines meinte dazu lediglich, dass der Vorfall untersucht werde. Von offizieller kuwaitischer Seite gab es überhaupt keinen Kommentar. Die englischsprachige kuwaitische Zeitung Arab Times berichtete aber, die kuwaitische Armee habe in Abstimmung mit den US-Militärs am Donnerstag damit begonnen, eine Reihe von Grenzdurchfahrten in Richtung Irak zu schaffen.

Die DMZ erstreckt sich fünf Kilometer auf kuwaitischem und zehn Kilometer auf irakischem Gebiet. Dort darf sich laut UN-Mandat kein Militär aufhalten. Überschritten werden darf die Grenze nur von den UN-Beobachtern selbst. Die UN-Beobachter beschrieben die Lokalität der unautorisierten Löcher als günstig für einen militärischen Durchbruch durch die DMZ. Die Schneisen waren offensichtlich sehr professionell geschlagen worden. So wurden die elektrischen Kabel des Zauns unter die Erde verlegt, um sicherzustellen, dass der Rest des Zauns weiter unter Strom stehen kann.

Die über 1.300 militärischen und zivilen Mitarbeiter der Unikom aus 32 Ländern werden zunehmend nervös. Bisher operieren sie unter Sicherheitsstufe zwei, d. h., sie dürfen stets nicht mehr als 15 Kilo Gepäck bereithalten und müssen 600 Dollar bei sich tragen, um innerhalb kürzester Zeit abziehen zu können. Die meisten privaten Dinge wurden in den letzten Wochen ohnehin von den Unikom-Mitarbeitern nach Kuwait City gebracht.

Die Unikom hat jetzt bei der UN-Zentrale in New York beantragt, die Sicherheitsstufe auf 3 zu erhöhen. In diesem Falle würden alle nicht dringend benötigten Mitarbeiter aus der DMZ nach Kuwait City verlegt. Wie es ein Unikom-Mitarbeiter in Kuwait beschreibt: „Hier glaubt keiner mehr, dass es noch allzu lange dauert.“ KARIM EL-GAWHARY