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Mutmaßliche syrische Spione festgenommenDeutliche Botschaft nach Damaskus

Die Bundesanwaltschaft hat am Dienstag zwei mutmaßliche syrische Spione festgenommen. Danach bestellte Außenminister Westerwelle den Botschafter ein.

Sollen systematisch ausgeforscht worden sein: Syrische Oppositionelle in Deutschland. Bild: dapd

BERLIN dpa/taz | Am Dienstagmorgen wurden in Berlin zwei mutmaßliche syrische Spione festgenommen, kurz darauf bestellte Außenminister Guido Westerwelle Syriens Botschafter ins Auswärtige Amt ein. Eine Einschüchterung syrischer Oppositioneller in Deutschland werde "in keiner Weise hingenommen", sagte Westerwelle dazu.

Bei den Festgenommenen handelt es sich um einen Deutsch-Libanesen namens Mahmoud El A., 47, sowie einen Syrer namens Akram O., 34. Beide waren vom Bundesamt für Verfassungsschutz seit geraumer Zeit beobachtet worden. Am Mittwoch sollen sie dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Berlin vorgeführt werden, der ihnen die Haftbefehle eröffnen wird.

Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe verdächtigt die beiden, im Dienste eines syrischen Geheimdienstes seit Jahren in Deutschland lebende Oppositionelle beobachtet und ausgespäht zu haben. Um sie herum soll es einen ganzen Agentenring gegeben haben, weshalb am Dienstag sechs weitere Wohnungen von weiteren Beschuldigten durchsucht wurden. Ihnen wird vorgeworfen, das Duo bei seinen Ausspähungen unterstützt zu haben. Aus Sicherheitskreisen hieß es, einige der Verdächtigen stammten aus dem Umfeld der syrischen Botschaft in Berlin.

Unklar ist, ob zwischen diesen Ermittlungen und dem Überfall auf den syrischstämmigen Grünen-Politiker Ferhad Ahma im Dezember ein Zusammenhang besteht. Ahma war in seiner Berliner Wohnung von zwei Männern zusammengeschlagen worden. Er selbst vermutete dahinter den syrischen Geheimdienst, denn Ahma engagiert sich im Nationalrat der syrischen Opposition gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad. Schon damals musste Syriens Botschafter bei Westerwelle zum Rapport antreten.

Druck auf Damaskus erhöhen

Deutschland will unterdessen den Druck auf Syrien erhöhen. "Das bedeutet eine neue Sanktionsrunde, das bedeutet aber auch, dass wir eine Kontaktgruppe der Freunde eines demokratischen Syriens gründen wollen", sagte Außenminister Guido Westerwelle dazu am Dienstag in Berlin. Die Bundesregierung werde ihren Beitrag dazu leisten, dass die Menschen in Syrien, die unter der Gewalt des herrschenden Regimes leiden, nicht allein gelassen werden.

Zum Besuch des russischen Außenministers Sergei Lawrow, der am Dienstag in Damaskus von jubelnden Menschen begrüßt wurde, sagte Westerwelle: "Wir erwarten von Russland, dass es ohne Wenn und Aber klarmacht, dass diese Gewalt und diese Repression ein Ende haben müssen."

Aus Protest gegen die Gewalt in Syrien riefen nach Großbritannien und den USA am Dienstag auch Italien und Frankreich ihre Botschafter aus der syrischen Hauptstadt zu "Beratungen" zurück. Die Deutsche Botschaft in Damaskus und deren Visastelle sind seit dem 9. Dezember für den Publikumsverkehr geschlossen, seither werden dort keine Visa mehr erteilt.

Für Ausnahmefälle ist der Bereitschaftsdienst der Botschaft aber per Telefon-Hotline erreichbar. Der bisherige Botschafter in Damaskus, Andreas Reinicke, wurde Anfang Februar zum europäischen Nahost-Sondergesandten ernannt. Einen neuen Botschafter will Westerwelle vorerst nicht nach Syrien schicken. "Ich denke derzeit nicht darüber nach, diese Position neu zu besetzen", sagte er am Dienstag.

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5 Kommentare

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  • A
    axel

    Was jetzt nochfehlt, sind die "eindeutigen Beweise", daß Syrien Atomwaffen und selbstverständlich Mittelstreckenraketen besitzt...

    Nach den Kriegseinleitungsszenarien vor dem Krieg gegen den Irak (angebliche Massenvernichtungswaffen, Atomwaffen, Mittelstreckenraketen etc) bin ich sehr vorsichtig geworden hinsichtlich "Beweisen", angeblichen Spionen und Atomwaffenvorwürfen seitens der US-Regierung und der NATO-Staaten. Desöfteren entpuppten sich die Vorwürfe als Lügen, zur "Einstimmung" von Presse und Bevölkerung auf sogenannte humanitäre "Flugverbotszonen" - im Klartext Krieg. Früher einmal bezeichnet man derartige orwellsche Neusprech-Konstrukte als Propaganda. Der Wahrheitsgehalt der "mutmaßlichen" syrischen Spione ist momentan zumindest ebenso fraglich wie die angeblichen Attentate des Iran in den USA (die nach viel propagandistischem Gebrüll schnell wieder ad acta gelegt wurden).

  • T
    Trickserei

    Herr Westerwelle versucht die Öffentlichkeit auszutricksen. Ich kann verstehen, dass er Assadregime unterdrucksetzen will aber warum denn durch solche Umwege. Verfassungsschutz ist noch nicht Mal in der Lage NSU Terroristen auffindig zu machen und nun die selbe Verfassungschutz soll profi Spione auffindig machen und verhaften. Es scheint mir alles unrealistisch. Das Spielchen von Westerwelle stört mich nicht so lange er dabei Spass hat.

  • HK
    henner Kröper

    Untertitel des Fotos in der TAZ auf dem "Syrische Oppositionelle" in Deutschland die gezeigt werden.

     

    Noch ist die Regierung in Syrien intakt und nicht di Opposition. Die auf ihrem Foto gezeigten Fahnen haben die offiziellem Farben der souveränen Republik Syrien.

     

    Die vermeintliche Oppasition verwendet die Fahne aus der Zeit als Syrien Französische Kolonie war und will scheinbar wieder rekolonialisiert werden.

  • JO
    Jürgen Orlok

    Es ist so eine Sache mit den deutschen Ordnungsbehörden.

    Da nehmen sie mit RIESENAUFWAND Personen fest, wahrscheinlich gibt es einen Paragraphen, die genau das tun, was andere, auch Deutsche, entgegen lokalen Gesetzen tun. Relativ harmlose Ausspähung.

    Stattdessen sollten die Behörden die Mitglieder und Unterstützer diverser ausländischer TerrorOrganisationen , wie SNC, FSA, NTC ...

    z.B. den "syrischen Oppositionellen" Ferhad Ahma und seine Grünen HelfersHelfer in "Gewahrsam" nehmen !!!

    Deren ( TerrorOrganisationen ) mörderische Aktionen sind doch ausreichend BEWEISKRÄFTIG dokumentierbar.

    Während praktisch ALLE Vorwürfe gegen Syrien , HörenSagen, Unterstellungen, Vermutungen oder blanke Lügen sind - Eine Kopie der LügenAgenda gegen Libyen.

    Wahrscheinlich haben wir den point of no return schon überschritten, wo Unrecht noch systemintern durch Recht geheilt wird.

  • S
    Schweizer

    das sind bestimmt "Hari Seldon's" Kollegen.