Ermittlungsgruppe eingesetzt

Debatte nach Vergewaltigungen: Aus der CDU kommen Forderungen, den Görlitzer Park nachts zu schließen – Grüne widersprechen

Von Erik Peter

Fälle von mutmaßlichen Gruppenvergewaltigungen beschäftigen die Berliner Polizei. Wie erst am Donnerstag durch Medienberichte bekannt wurde, soll sich eine derartige Tat im Juni im Görlitzer Park in Kreuzberg ereignet haben. Ein Mann und eine Frau sollen demnach von einer Männergruppe ausgeraubt worden sein. Anschließend sei die Frau bedrängt und vor den Augen ihres Begleiters vergewaltigt worden. Danach waren die Täter geflüchtet.

Schon zuvor bekannt geworden waren sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen gegen drei Mädchen in der Nacht vom 9. auf den 10. Juni am Rand einer Feier von Jugendlichen am Schlachtensee in Zehlendorf. Einige Tage darauf hatte die Polizei Hausdurchsuchungen bei vier tatverdächtigen männlichen Jugendlichen im Alter von 14 bis 19 Jahren durchgeführt.

Dabei seien Datenträger beschlagnahmt und die Verdächtigen nach erkennungsdienstlicher Behandlung wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Die Ermittlungen leitet eine extra eingerichtete Ermittlungsgruppe „Calor“ – spanisch für Hitze –, die mit sechs Beamten beim Landeskriminalamt angesiedelt ist.

Die Polizei hatte zu beiden Fällen keine Pressemitteilungen veröffentlicht. Angaben zu den Verdächtigen macht die Staatsanwaltschaft – zumindest beim Fall Schlachtensee – aufgrund des Alters der Beschuldigten nicht. Nähere Informationen gefährdeten den „Zweck eines auf Erziehung und Vermeidung von Stigmatisierung ausgerichteten Jugendstrafverfahrens“. Laut der B. Z. sollen alle vier deutsche Staatsbürger sein. Bei dem Fall im Görlitzer Park spricht die Zeitung von „Dealern“ als vermeintlichen Tätern.

Debatte über Konsequenzen

Der CDU-Abgeordnete und Kreisvorsitzende in Friedrichshain-Kreuzberg, Timur Hussein, forderte auf Twitter anlässlich des Vorfalls im Görlitzer Park umfangreiche Maßnahmen: „Park zeitweise abschließen, Security an Eingängen, mobile Polizeistation im Park, weniger Eingänge, komplett umzäunen, konsequente Bestrafung“, schrieb er.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Vasili Franco, nannte die Forderungen auf Anfrage der taz „politischen Aktionismus“. Den Park zu schließen sei „keine adäquate Antwort“. Franco verwies auf das bereits vor Jahren erarbeitete Handlungskonzept Görlitzer Park, von dem viele Maßnahmen noch nicht umgesetzt seien, und die Anwohner:Innen, die „keine Schließung des Parkes wollen“. Statt „Vergewaltigungen zu instrumentalisieren, um den Park dicht zu machen“ und eine „Rassismusdebatte zu führen“, könne es nur darum gehen, „die Täter zu ermitteln und Strafverfahren einzuleiten“.

Stephan Weh, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), nahm den Bezirk in die Verantwortung. Dieser sollte „irgendwann mal über Maßnahmen wie Sicherheitsdienste nachdenken“, der Ruf nach mehr Polizeipräsenz zur Prävention sei zwar oft zu hören, könne aber „beim Blick auf die vielen Aufgaben“ personell „nicht gewährleistet werden“.

Der Görlitzer Park und der angrenzende Wrangelkiez sind schon lange im polizeilichen Fokus. Im erste Halbjahr 2023 hat die Polizei hier laut einer Anfrage der Linken-Politiker Niklas Schrader und Ferat Kocak 37.000 Einsatzstunden geleistet. Im ersten Halbjahr sei es demnach außerdem zu acht Fällen von Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexueller Übergriffe gekommen, fünf davon ereigneten sich im Juni.

Auch in der zweiten Jahreshälfte 2022 war es zu acht sexualisierten Übergriffen gekommen. In insgesamt neun der Fälle innerhalb des Jahreszeitraums bestand zwischen den Geschädigten und den Tatverdächtigen eine „zumindest flüchtige Bekanntschaft“.