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Mut zur Lücke

■ Haushaltsdebatte: Schwarze Zahlen sind so nah wie fern / Schuldenberg wächst

Selbst Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) mußte grinsen, als sein Parteigenosse, Finanzsenator Ortwin Runde, in rührendem Optimismus versicherte: „Schwarze Zahlen im Betriebshaushalt werden wir nach Lage der Dinge im Jahr 2000 schreiben.“

Gestern abend stellte Runde seinen Haushalt für 1997 vor. 18,3 Milliarden schwer, mit einem Finanzierungsloch von 1,4 Milliarden und einem aufgetürmten Schuldenberg von 31 Milliarden. „Die Stadt steht vor der finanzpolitischen Handlungsunfähigkeit“, hatte der Bund der Steuerzahler noch am Morgen gewarnt und eine tickende Steueruhr aufgestellt. Pro Sekunde wächst der hanseatische Schuldenberg um 55 Mark.

„Das Problem liegt bei den Einnahmen“, jammerte Runde, „die Luft wird immer dünner“. Immer mehr Steuern gehen der Stadt durch Bundessteuergesetze verloren. „Steuerpolitik ist Verteilungspolitik“, hatte Rund noch auf dem SPD-Parteitag dazu gemahnt, sozialdemokratische Konzepte zu entwickeln.

Der Senat hat „gespart wie ein Hamster im Tretrad“, so GALier Willfried Maier. „Je mehr er sparte, um so schneller sind ihm die Steuereinnahmen weggebrochen.“ Eine andere Lösung als der Verkauf des Tafelsilbers sei dem rot-grauen Senat nicht eingefallen. „Die nächste Regierung wird nicht mehr viel zu verkaufen haben“, so Maier.

Die Frage, „welche Visionen der Senat für den Standort Hamburg im Jahr 2000“ hat, sei unbeantwortet geblieben, beklagte CDU-Oppositionsführer Ole von Beust die ebenso längliche wie langweilige Rede des Finanzsenators. Eine „Struktur des Sparens gibt es nicht“, klagt der CDUler. Und das „macht uns Sorgen“.

Sorgenvoll ist auch die Stirn des Haushaltsausschußvorsitzenden Walter Zuckerer (SPD) in Falten gelegt. „Wo“, hebt er seine Stimme, „war in Ihrer hysterischen Rede, Herr von Beust, verdammt nochmal denn ihre Vision?“ Wenn von Beust eine Lösung wüßte, solle er sie doch „bitte“ sagen, denn vor einer „konservativen Vision hätte ich ebenso angst, wie ich Bewunderung dafür aufbringen würde.“

Silke Mertins

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