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Musikverbot im Strandbad PlötzenseeDie grünen Biedermeier von Mitte

Kommentar von Plutonia Plarre

Das Bezirksamt Mitte lässt den Streit um Musikveranstaltung im Strandbad Plötzensee eskalieren. Das verstehe, wer will.

Beliebt bei Gästen – aber offenbar nicht beim Bezirk: das Strandbad Plötzensee Foto: dpa

D as mehrheitlich grün regierte Bezirksamt Mitte setzt im Konflikt um das Strandbad Plötzensee auf Eskalation. Am Samstagabend gegen 19.30 Uhr rückten Polizei und Ordnungsamt an und befahlen den Gästen, das Strandbad zu räumen. Zu diesem Zeitpunkt fand eine Tanzveranstaltung mit mehreren Hundert Leuten statt. Die Party war auf 22 Uhr befristet.

Seit Juni wird das Strandbad von der grünen Umweltstadträtin Sabine Weißler mit Verbotsschreiben unter Androhung von Bußgeldern bei Zuwiderhandlung überzogen. Sämtliche Musikveranstaltungen in der Sommersaison hat Weißler verboten. Einzig das Prime Theater darf auf dem Gelände spielen.

Der Konflikt spielt sich in einer Zeit ab, in der Bezirke und Veranstalter händeringend nach Freiflächen für Musikevents suchen. Draußen Stadt nennt sich das senatsgeförderte Programm, das eigentlich auch im Strandbad Plötzensee stattfinden sollte. Verhindert werden soll damit, dass Parks und Grünanlagen weiterhin durch illegale Raves in Mitleidenschaft gezogen werden, weil die Clubs coronabedingt geschlossen sind. Irgendwo müssen die Leute schließlich feiern können.

Dass nun ausgerechnet dem Pächter eines Strandbads das Leben schwer gemacht wird, der dafür sorgt, dass die Partys in einem kontrollierten zeitlich bis 22 Uhr befristeten Rahmen stattfinden, verstehe, wer will. Auch die Bezirksverordnetenversammlung Mitte will das nicht. Sie hatte sich unlängst mit 42:2 Stimmen dafür ausgesprochen, dass Musikveranstaltungen im Strandbad möglich sein sollen. Aber Weißler interessiert das nicht. In einem Radiointerview begründete sie ihre Verbotspolitik mit einzelnen Anwohnerbeschwerden und Naturschutz.

Bezirk lässt räumen

Das Strandbad Plötzensee wurde am Samstagabend von Polizei und Ordnungsamt geräumt. Ein Polizeisprecher bestätigte der taz am Sonntag, dass es sich um ein Amtshilfeersuchen des Bezirksamts Mitte handelte. Vor Ort habe eine Tanzveranstaltung mit mehreren Hundert Teilnehmern stattgefunden. Man habe die Leute aufgefordert, das Bad zu räumen; dies sei friedlich geschehen. Hintergrund ist ein Streit über die Nutzung des Bades als Kulturort. Der Bezirk untersagte dies kürzlich. (taz)

Wollen Grüne mehr illegale Partys in Parks?

In Wahlkampfzeiten sollte einem das zu denken geben. Die CDU agiert da deutlich schlauer. Sie hat dem Strandbad Rückendeckung signalisiert. Den Schwarzen ist offensichtlich nicht entgangen, dass der Sommer nur noch ein paar Wochen lang ist und sich die Veranstaltungen, die noch auf dem Programm stehen, an ein paar Händen abzählen lassen. Stets auf 22 Uhr befristet!

Kleinkariertes auf Ruhe und Privatheit ausgerichtetes Spießerdenken kennzeichnet die Politik der Grünen. Dazu nimmt die Ökopartei in Kauf, dass jede nicht genehmigte Party zu weiterer Umweltzerstörung in den Parks führen wird. Man möge sich die Müllberge in den Grünanlagen nach wilden Raves angucken.

Polizei und Ordnungsamt kann man keinen Vorwurf machen. Geschickt hat sie am Samstag das grün regierte Bezirksamt. Schon mal was von Dialog und Kommunikation gehört? Das Strandbad hat es versucht. Es hatte für kommenden Mittwoch zu einem runden Tisch über die verfahrene Situation eingeladen.

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Redakteurin taz.Berlin

6 Kommentare

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  • Welche Anwohner? JVA? Jugendgästehaus? Bootsverleih? Autobahn? Volkspark Rehberge? Jetzt ein Naturschutzgebiet?

  • Das Gebiet um den Plötzensee ist Naturschutzgebiet. Dort leben zum Teil seltene Vögel und andere Tiere. Da gibt es mit Sicherheit geeignetere Orte für Open Air Musik. Und die Bässe sind in der gesamten Rehberge zu hören. Dort wollen Familien und andere Leute auch mal ihren Feierabend genießen ohne mit Bässen vollgedröhnt zu werden. Ich finde das Verbot an diesem Platz richtig!

  • Es macht mich richtig sauer wie mit den Betreiber_innen des Strandbads umgegangen wird! Nach 18 Monaten Einschränkungen und in der kurzen Zeitspanne wo es aufgrund niedriger Inzidenz möglich ist Veranstaltungen legal abzuhalten, auf so massive und meiner Meinung nach undemokratische Art, Veranstaltungen zu verhindern ist maximal Kulturfeindlich und Unfair. Zumal das Strandbad im draußenstadt Projekt aufgenommen ist und dieses sowieso schon viel zu spät beginnt und zu wenige Flächen hat.

  • Die Schärfe im Artikel gefällt mir und scheint auch angebracht. Hier wird der Naturschutz als Argument benutzt um die Interessen einer kleier Zahl von Menschen zu wahren. Wäre interessant zu wissen, wer dort wohnt und sich beschwert und ob der, diejenige privat in irgendeiner Weis mit Frau Weißler zu tun hat. ...Schon krass eine so eindeutige Abstimmung in der Bezirksverordnetenversammlung zu ignorieren.

  • "Irgendwo müssen die Leute schließlich feiern können."

    Ist das so? Mitten in der Corona-Krise kann man von den Leuten wohl auch etwas Zurückhalung erwarten.

    • @DiMa:

      Corona ist aber nicht die Begründung des Verbots.