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Musikmesse PopkommPause oder Aus auf Raten

Die Musikmesse Popkomm wird für ein Jahr aussetzen - "angesichts der anhaltend schwierigen Branchenlage", so Geschäftsführer Ralf Kleinhenz.

Dieses Jahr auf Pause - die Popkomm. Bild: ap

"Lively - leading Discussions" waren für die Mitte September in Berlin geplante Musikmesse Popkomm angekündigt. Erstmals sollte sie in schicken neuen "Premium-Räumen" am U-Bahnhof Gleisdreieck stattfinden. Von einer "Data Bay"-Konferenz war die Rede, "um Rüstzeug zur krisenfesten Ausstattung kleiner und mittelständischer Musikunternehmen" zu liefern. Daraus wird nun nichts. Am Freitagnachmittag hat die Popkomm durch ihren Geschäftsführer Ralf Kleinhenz mitteilen lassen, sie werde in Abstimmung mit der Schallplattenindustrie "angesichts der anhaltend schwierigen Branchenlage" für ein Jahr aussetzen. Ist das wirklich nur eine Erholungspause oder das Aus auf Raten?

Begonnen hatte die Popkomm einmal auf Initiative des späteren Chefs des Musiksenders Viva, Dieter Gorny, Mitte der Achtzigerjahre in Wuppertal. Seit dem Umzug nach Köln im Jahr 1990 wuchs sie vom Branchentreff zur Musikmesse, auch unter internationaler Beteiligung und mit der Ausweitung auf den Konzertsektor. Seit 2003 fand die Popkomm jährlich in Berlin statt, während in Köln seither die alternative Musikmesse c/o pop für Konkurrenz sorgt und alles eine Nummer kleiner anbietet.

Die Popkomm habe es lange Zeit bestens verstanden, das Bedürfnis nach einer Messe zu befriedigen, sagte der c/o-pop-Geschäftsführer Norbert Oberhaus der taz. "Zuletzt war sie aber eher zum Spiegelbild der Krise der Musikindustrie geworden. Auch die rückläufigen Zahlen beim Branchenprimus Midem in Cannes sprechen deutlich für diese Entwicklung." Die c/o pop setzte ihre Schwerpunkte auch als Antwort auf die Rezession am Musikmarkt anders: Von Anfang an war sie als Musikfestival mit angegliederter Konferenz konzipiert. "Gerade im digitalen Zeitalter gewinnt der persönliche Kontakt auf der Business-Ebene mehr an Gewicht", so Oberhaus. "Wer allerdings denkt, er könne die Ware Musik wie Schrauben oder Lebensmittel präsentieren und verkaufen, hat leider etwas falsch verstanden."

Andere Stimmen sprechen der Popkomm sehr wohl "Systemrelevanz" zu. Carsten Stricker, Geschäftsführer der Berliner Promotionagentur "Verstärker", die unabhängige Labels wie Rough Trade in Deutschland vertritt, glaubt, die Popkomm sei besonders für seine internationalen Geschäftspartner wichtig. "Das Setup und einige Inhalte der letzten Jahre waren aber zum Teil diskussionsbedürftig." Trotzdem hofft er auf eine neue Ausgabe 2010.

Das Problem liegt vielleicht aber ganz woanders: Berlin strahlt als Kulturstandort so hell, dass selbst eine bereits etablierte Popmusikmesse auf Dauer zu wenig Aufmerksamkeit wird bekommen können.

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2 Kommentare

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  • S
    Stean

    Popkomm, Popgeht...

  • C
    Christian

    Nur zu leicht wäre es jetzt, Kübel voller Häme auszuschütten und der sterbenden Musikindustrie und ihrem unglaubwürdig schmollenden "Dann machen wir halt diesmal keine Popkomm"-Protest ein billiges "Uuuh, das tut uns aber allen weh! Dann geht halt sterben, ihr Dinosaurier!" hinterherzurufen, aber ... ja äh ... aber was? Aber nix eigentlich. Geht sterben.