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Musik und Ökonomie"Ich bin kein Weich-, sondern ein Hartei"

Maximilian Heckers erste Bühne war die Straße. Ende der Neunziger gab er am Hackeschen Markt Oasis-Coverversionen zum Besten. Heute betört der Mann mit der sanften Stimme halb Asien.

Erst für die Passanten singen am Hackeschen Markt, dann Konzerthallen in Taiwan füllen: Für Maximilian Hecker ging nicht nur ein Traum in Erfüllung, er kann auch von der Musik leben Bild: BENJAMIN CHILDS
Nina Apin
Interview von Nina Apin

taz: Herr Hecker, Sie treten bei der Fête de la Musique im Mauerpark auf. Ihre Karriere begann Ende der Neunziger mit Straßenmusik. Eine Reise zu den Wurzeln?

Maximilian Hecker: Nein, es ist doch was anderes, bei einem Festival aufzutreten. Auch wenn es recht intim wird und keine Gage gibt: Man wird gefragt.

Als Sie sich Ende der Neunziger mit der Gitarre an den Hackeschen Markt stellten, hatte Sie keiner gefragt. Woher nahmen Sie damals den Mut?

So mutig war das gar nicht. Schon zu Schulzeiten war das Straßenmusikmachen ein Hobby von mir und meinen Schulfreunden. Wir fuhren in die nächstgrößere Stadt, nach Bielefeld, und spielten. Es war eine Freizeitbeschäftigung, eine Alternative zum Fußball- oder Computerspielen. Das habe ich in Berlin auch gemacht. Ich sang Cover von Oasis und eigene Stücke.

Um Geld zu verdienen?

Darum ging es am wenigsten: Ich verdiente ja in meiner Krankenpflegerausbildung. Die Straße war für mich eine Abkürzung auf dem Weg zur Bühne, ich wollte nicht erst auf einen Plattenvertrag warten. Den ich eh nie kriegen würde. Am Hackeschen Markt war damals die Indie-Szene unterwegs. Die Leute wussten zu schätzen, dass ich da stehe.

Sie bekamen dann einen Plattenvertrag: Die Ex-Lassie-Singerin Almut Klotz entdeckte Sie auf der Straße. Ein Traum?

Die schöne Geschichte stimmt leider nur halb. Almut sprach mich zwar auf der Straße an, daraus entstand die Band Maxi unter Menschen. Den Plattenvertrag bei Kitty-Yo bekam ich, weil ich zu Hause CDs mit meinen eigenen Stücken aufnahm, um sie an Freunde zu verschenken. Patrick Wagner, der damals Mitgesellschafter beim Label Kitty-Yo war und mit dem ich Fußball spielte, gab ich auch eine. Dass er sie herausbrachte, lag aber an der Musik, nicht an meinem Straßenmusikerdasein.

Würden Sie Newcomern empfehlen, sich an den Hackeschen Markt zu stellen?

Eher auf die Kastanienallee. Aber wenn man das nur macht, um entdeckt zu werden, funktioniert es nicht. Die Hauptsache ist, dass man zu jedem Zeitpunkt zufrieden mit der eigenen Musik ist. Materielle Dinge wie Plattenvertrag, Interviews, Verkaufszahlen sind nur äußere Umstände.

Das kann man nach vier Platten leicht sagen …

Sie meinen, dass ich "es geschafft habe"? Das stimmt nicht. Mich kennen manche, ich bin aber nicht berühmt. Keiner bleibt auf der Straße stehen und sagt: Das ist der Hecker, den kenn ich aus dem Fernsehen. Wer diese Art von Berühmtheit als Karriereziel vor Augen hat, hat verloren.

Warum?

Das, was man äußerlich als Erfolg wahrnimmt, ist ja nicht Qualität: Der kann den Ton halten, der schreibt gute Songs. Was in der öffentlichen Meinung anscheinend eher zählt, sind Champagner und Stretchlimousinen. Diese Attribute werden angestrebt, ohne sich zu fragen: Habe ich Talent? Das ist ein großes Problem der Castingshows. Wenn der Kandidat in die Limousine gesetzt wird, kann er seinen Erfolg nicht auf die eigene Leistung beziehen. Sondern auf gutes Marketing und einen Song von Dieter Bohlen. Man kann aber im Geschäft nur bestehen, wenn man den Erfolg als Nebenprodukt des eigenen Talents sieht.

Ist das der Grund für Ihren Weggang von Kitty-Yo? Das Gefühl, wieder selbst die Fäden in der Hand halten zu wollen?

Es war vielleicht eine instinktive Bewegung. Ich habe momentan kein Label, meine neue Platte habe ich selbst finanziert und suche wieder eins. Diese Herangehensweise liegt auch an der Krise des Musikgeschäfts: Wenn ich das Album schon fertig habe, fallen für das Label die Produktionskosten weg. Dadurch bekomme ich einen günstigeren Vertrag mit mehr Gewinnbeteiligung. Aber ich lebe sowieso vor allem von Gema-Gebühren.

Sie kommen gerade von einer Asientour zurück - bringen Auslandsauftritte Geld?

Eher nicht, man hat ja auch Mitmusiker und Reisekosten. Aber in China, Taiwan und Korea bin ich viel bekannter als in Europa. Dort ist es so, wie einem früher das Popstarsein verkauft wurde: Da hängen riesige Plakate auf der Straße mit meinem Bild drauf, es gibt Poesiealben mit mir!

Hierzulande gelten Sie mit Ihren gehauchten Songs in bestimmten Kreisen als uncooles Weichei - wie gehen Sie damit um?

Das ist ein Missverständnis. Ich bin ein Hartei: Meine Musik ist radikal. Radikal romantisch und gefühlsbetont. Als weich würde ich eher weichgespülten Punkrock bezeichnen.

Nehmen Sie Straßenmusiker heute noch besonders wahr?

Ich habe mich nie als Teil der Szene empfunden, das war für mich eine Phase. Neulich habe ich mich mal wieder mit der Gitarre an den Hackeschen Markt gestellt. Da kam ein Typ und sagte: "Du hast ne gute Stimme. Ein Freund von mir ist Produzent." Das war ein Riesenulk.

INTERVIEW: NINA APIN

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