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Musik in der GDLDer große Lokführer-Blues

Brigitte Werneburg
Kommentar von Brigitte Werneburg

"This train is bound for glory" - die streikende GDL hat den Sänger Woody Guthrie schon ganz richtig verstanden. Und auch sonst ist im Lokführerstreik jede Menge Musik drin.

Der Songwriter der GDL: der 1967 in New York gestorbene Sänger Woody Guthrie war politisch sehr aktiv. Bild: ap

J a, hätte die GDL (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer) nur auf Mammi und Pappi gehört. Statt dessen schiebt das ganze Land jetzt mit den Greatful Dead den "Big Railroad Blues": "Well, my momma told me, my poppa told me too / Now, my momma told me, papa told me too / Well, I shouldnt be here tryin to sing these railroad blues. / Wish I had alistened to what my momma said. / Wish I had alistened to what my momma said. / Well, I wouldnt be here tryin to sleep in this cold iron bed."

Mammi, nämlich Nobert Hansen, Chef der Bahngewerkschaft Transnet und Aufsichtsrat bei der Deutschen Bahn AG, will doch nur, dass alle in Daunen schlafen. Daher hat sie Pappi, Bahnchef Hartmut Mehdorn, den Rücken gestärkt und betont, dass Tarifauseinandersetzungen nicht dafür da sind, "organisationspolitische Vorteile zu erzielen". Mammi versucht das natürlich überhaupt nicht, so sie Pappi zu Munde redet. Und Vorteile, ob tarif- oder organisationspolitische, hat sie für ihre Kids bestimmt nicht rausgeholt.

Ganz die treue Eisenbahnerfrau hat sie im Gegenteil alles dazu getan, "die Weichen" in Richtung einer erneuten Teilprivatisierung zu stellen. Was kriegt sie eigentlich dafür? Fraglich, ob Mehdorn so großzügig ist wie Sugar Daddy Peter Hartz und mit Luxushandtäschchen und Vergnügungsreisen um sich schmeißt.

Aber Momma sagt, Hauptsache sie bleibt die Einzige in Poppas Schlafzimmer. Das ist der Berliner Hauptbahnhof, wie Pappi erklärte, als es Streit mit dem Architekten gab, weil Daddy das Schmuckstück so dilettantisch tapezierte. Vor Gericht bekam übrigens der Architekt Recht. Erinnert sich Poppa noch daran? Warum macht Sohnemann GDL Mammi so nervös, während sie nicht merken wollte, wie Pappa Siemens Sohnemann AUB (Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger) zeugte? Warum sagt keiner, dass 12 Euro für den Postdienst kein Mindestlohn, sondern ein Angebot der SPD an die Einheitsgewerkschaft ist?

Erspart sie sich einfach, den Kopf über die Organisation der neuen Arbeitnehmer zu zerbrechen? Ist man Arbeitnehmer nur dann, wenn man Ver.di und Konsorten in den Kram passt? "This train is bound for glory, this train. Dont carry nothing but the righteous and the holy. This train dont carry no smokers. This train dont carry no smokers, this train." Wie Woody Guthrie weiland sang. Die GDL versteht ihn schon richtig.

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Brigitte Werneburg
war Filmredakteurin, Ressortleiterin der Kultur und zuletzt lange Jahre Kunstredakteurin der taz. Seit 2022 als freie Journalistin und Autorin tätig. Themen Kunst, Film, Design, Architektur, Mode, Kulturpolitik.

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