: Musik auch mal mit Stahl-Xylophon
Germaniac während der WM 2006: „Die Krupps“ geben ihr einziges NRW-Konzert in einem Bochumer Club
Pünktlich zum 25-jährigen Bandjubiläum 2005 meldete sich die, als Mitbegründer der Elektro-Musikszene geltende, Formation „Die Krupps“ auf der Bühne zurück. Die aus Düsseldorf stammenden Bandmitglieder Jürgen Engler, Bernward Malaka und Ralf Dörper stellten unter Beweis, das sie es jederzeit mit den Bands der so genannten Neuen Deutschen Härte aufnehmen können. Nicht nur, weil ihr Sound-Mix aus Metall-Gitarre, Sequenzer, Synthesizer und manchmal auch Stahl-Xylophon kompromissloser, druckvoller und klarer strukturiert ist, als der ihrer Epigonen, wie Oomph!, Rammstein oder auch Witt.
Als sich 1980 „Die Krupps“ gründeten, waren sie zusammen mit den „Einstürzenden Neubauten“, auf neuen Klangwellen in der Musik unterwegs. Die Mischung von maschinellen – Schlagzeug, Bass, Sequenzen – und „Free“-Elementen (Gitarre, Saxophon) sollte den Arbeiteralltag in einer Stahlfabrik nachbilden und -empfinden lassen. Konsequent hieß die erste LP „Stahlwerksinfonie“. Sie verschaffte den „Krupps“ durch eine Auszeichnung im renommierten englischen Magazin „New Musical Express“ (NME) den internationalen Durchbruch. Vor allem die Singleauskopplung „Wahre Arbeit – Wahrer Lohn“ aus dem zweiten Album „Volle Kraft voraus!“ kann wegen dominanten Synthesizer-Sequenzen und den agitatorischen Stimmeinsatz als stilbildend für die Electric Body Music (EBM) bezeichnet werden.
Ab Mitte der 1980er Jahre kümmerte sich Jürgen Engler eher verstärkt um sein, überwiegend „Thrash Metal“ produzierendes, Plattenlabel „Atom H“ und Ralf Dörper, der schon nach dem „Volle Kraft“-Album ausgestiegen war, feierte mit der NeuenDeutscheWelle-Formation „Propaganda“ sogar Charterfolge mit den Song „Dr. Mabuse“. Ein paar Jahre später kam es dann durch Dörper und der von ihm initiierten Zusammenarbeit mit der EBM-Formation „Nitzer Ebb“ zu einer Reunion der „Krupps“, nebst Re-Mix des Klassiker „Wahre Arbeit“ unter dem englischen Titel „Machineries of Joy“ und zum Wiedervereinigungs-kritischen Song „Germaniacs“.
Aber „Die Krupps“ haben sich nicht nur einfach wieder zusammen gefunden. Ihr Sound hatte sich verändert. Die brachiale elektronische Soundwand wird jetzt durch treibende und hämmernde, an Heavy Metal angelehnte, Gitarrenriffs verstärkt. Ein Konzept, das Ende der neunziger Jahre unter anderem durch die Berliner Formation „Rammstein“ populär und der Musikbranche als „Neue Deutsche Härte“ gelabelt wurde. Der einsetzenden Debatte über deutsch-nationaler Elemente in dieser neuen Stilrichtung hatten sich Engler und Co. schon entzogen, bevor es die Stilrichtung gab. So mit dem, gegen die rassistischen Brandanschläge gemünzten Stück „Fatherland“ von 1993.
Mit der Trilogie I (One), II – The final option und III-Odyseey of the Mind aus den Jahren 1992-95 öffneten „Die Krupps“ zum wiederholten Mal Türen für neue Musikwege: Es entstand eine Art Elektronik-Crossover-Gemisch. Nach dem 1997 erschienen Album „Paradies Now“ gingen Engler, Dörper und Esch erst einmal wieder eigene Wege, um sich dann erst 2005 mit einigen Konzerten in Europa zurück zu melden. Im Bochumer Club Matrix gibt die Formation nun ihr vorerst letztes Club-Konzert in Deutschland. Und da gilt nicht der Song der „Toten Hosen“: “Jürgen Engler gibt `ne Party und wir kommen nicht rein.“
THOMAS SCHAD
Matrix, Bochum 16. Juni 2006, 20:00 Uhr Infos: 0234-6106800