Mugabes Soldaten außer Kontrolle: Simbabwe fürchtet Militärputsch
Die Basis der Sicherheitskräfte scheint außer Kontrolle zu geraten. Angesichts des Wirtschaftskollapses und des politischen Stillstands mehren sich Plünderungen.
Die internationale Gemeinschaft sollte in Simbabwe eingreifen, damit die Regierung endlich etwas zur Lösung der sich rapide vertiefenden politischen und ökonomischen Krise unternimmt. Dies ist der Konsens unter politischen Beobachtern im Land, die fürchten, dass Simbabwe jetzt reif für einen Militärputsch ist, auf den verbreitete Gewaltakte und massive Fluchtbewegungen in Nachbarländer folgen könnten.
"Ein Putsch ist abzusehen, und gegen die Folgen wäre die Krise in Darfur ein Kinderspiel", sagt ein Mediziner in der Hauptstadt Harare, zu dessen Patienten hochrangige Politiker und Militärs zählen. Er hat seine Familie schon außer Landes gebracht und plant, abzutauchen, sobald die ersten Schüsse fallen.
Seit den gescheiterten Wahlen vom März und Juni dieses Jahres, auf die im September ein bis heute nicht umgesetztes Machtteilungsabkommen zwischen Präsident Robert Mugabe und Oppositionsführer Morgan Tsvangirai folgte, hat sich die Lage in Simbabwe dramatisch zugespitzt, aber die internationale Gemeinschaft bleibt bislang bei ihrer Politik der Nichteinmischung. Neben Hungersnot, dem Zusammenbruch des Bildungs- und Gesundheitswesens und der Hyperinflation kommt es jetzt immer öfter zu Unruhen, die von unzufriedenen Sicherheitskräften ausgehen.
In den letzten Wochen haben meuternde Soldaten in Harare immer wieder Geschäfte überfallen und alles geplündert, von Kleidungsstücken zu Handys. Die Soldaten überfallen auch Geldwechsler und stehlen ihre Devisenvorräte. "Sie kommen in Militärlastwagen, treiben die Leute zusammen, nehmen ihre Wertsachen und fahren wieder weg", berichtet einer. "Wenn die Polizei kommt, verprügeln sie auch die Polizisten." Auch kleine Läden im Besitz von Nigerianern, Somalis, Kongolesen und Senegalesen, die Handel mit Autoteilen, Mobiltelefonen und Kosmetika betreiben, sind Zielscheibe der Militärs.
"Niemand kann diese jungen Soldaten kontrollieren", warnt der Mediziner. "Alles ist zusammengebrochen, und die Regierung kann den Soldaten nicht sagen, dass sie in den Kasernen bleiben sollen, weil es in den Kasernen nichts mehr gibt." Früher waren alle Sicherheitskräfte in Simbabwe kaserniert und staatlich versorgt; heute, mit dem Ausbau neuer Sicherheitsorgane, leben viele mitten unter der Zivilbevölkerung und müssen wie alle anderen Leute ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten.
Die Zentralbank hat in den letzten Jahren 24 Stunden am Tag Geld gedruckt, damit die Regierung Polizisten, Soldaten und Beamte bezahlen kann. Auch Kommunalverwaltungen und Staatsbetriebe leben davon. Aber seit Juni liefert das deutsche Unternehmen Giesecke und Devrient kein Banknotenpapier nach Simbabwe mehr. Seitdem wird Geld auf Staatsanleihenpapier gedruckt, aber das ist nicht fälschungssicher.
Anfang Dezember sagte Zentralbankchef Gideon Gono, dass er ab Januar das Gelddrucken einstellen und sich auf die Bekämpfung der Inflation konzentrieren will, die nach konservativen Schätzungen bei 231 Millionen Prozent liegt. "Das bedeutet, dass alle Wirtschaftssektoren, die bisher von den Zuteilungen der Zentralbank abhängig waren, zusammenbrechen werden", sagt ein Ökonom. "Viele der 10 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung, die noch Arbeit haben, dürften ihre Stellen verlieren." Schon haben mehrere Krankenhäuser dichtgemacht, was die grassierende Choleraepidemie verstärkt.
Der Autor, ein simbabwischer Journalist, bleibt aus Sicherheitsgründen auf eigenen Wunsch ungenannt
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