Müntefering stichelt gegen Union: SPD will Steuern nur etwas senken
Neuer Zank in der Koalition: Beim Streit um Steuersenkungen mit der Union zeigt sich SPD-Chef Franz Müntefering nur bedingt kompromissbereit.
BERLIN taz Die SPD ist bereit, auf die Forderung der Union einzugehen, beim Konjunkturprogramm II auch Steuern zu senken. SPD-Chef Franz Müntefering erklärte am Mittwoch, dass die SPD die Verhandlungen daran nicht scheitern lassen wird. "Wenn es bei der Union aus neurotischen Gründen nicht anders geht, dann muss man das eben machen", so Müntefering in der ARD. In der SPD hält man die Debatte in der Union um Steuersenkungen für Wahlkampftaktik.
SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier erklärte, dass Steuersenkungen, die zu dauerhaften Einnahmeausfällen des Staates führen, derzeit nicht vertretbar sind. Die Forderung der CSU, Steuern um 25 Milliarden Euro zu senken, sei "vom Tisch". Manche Medien hatten einen Widerspruch zwischen Müntefering und Steinmeier erkannt. Müntefering gebe der Union nach, während Steinmeier auf dem prinzipiellen Nein der SPD zu Steuersenkungen beharre. Doch Unterschiede zwischen SPD-Chef und Kanzlerkandidat gibt es nur in Nuancen. Auch Steinmeier betonte, dass sich die große Koalition bis Montag einigen müsse und dies nicht an der SPD scheitern wird. Und Müntefering erklärte, dass die Unionsforderung nach Steuersenkungen für Besserverdienende "ziemlicher Unsinn" sei.
Die SPD beharrt zudem auf erhöhten Regelsätzen für Kinder von Hartz-IV-Empfängern und der Absenkung der Krankenversicherungsbeiträge um 0,9 Prozent für Arbeitnehmer. Die SPD will, dass vor allem Geringverdiener von dem Konjunkturprogramm profitieren - auch weil Ärmere fast alle Mehreinnahmen in den Konsum stecken.
Konkret ist die SPD bereit, der Union bei der Erhöhung des Grundfreibetrags von 7.664 auf etwa 8.000 Euro entgegenzukommen. Diese Erhöhung bedeutet etwa 2,5 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen. Mehr will die SPD nicht. So ist bei der Steuersenkung die wesentliche Frage ungelöst - nämlich wie groß sie ausfallen soll und ob auch Besserverdiener davon profitierten sollen. Die Union meint ja, die SPD nein. Die Union will offenbar ein Volumen von mindestens 7,5 Milliarden Euro Steuersenkung durchsetzen. Ohne "spürbaren Betrag" gebe es keine Einigung mit der CSU, so Peter Ramsauer. SPD-Vizefraktionschef Ludwig Stiegler sagte der taz dazu: "Spürbar ist ja ein ziemlich relativer Begriff." Auf die Frage, ob die SPD 7,5 Milliarden Euro Steuersenkungen akzeptiert, sagte SPD-Vize Andrea Nahles der taz: "Eine Zustimmung gibt es nur zum Gesamtpaket nach den Verhandlungen." Will sagen: Alles ist offen. Stiegler ist überzeugt, dass die Einigung erst spät kommen wird. "Das wird sich erst am Montag bei der Koalitionsrunde klären."
Offenbar sind Union und Sozialdemokraten überzeugt, dass sie sich schnell einigen werden. Für Mittwoch ist eine Regierungserklärung zum Konjunkturpaket II von Kanzlerin Merkel im Bundestag angekündigt.
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