Münchens Olympia-Bewerbung: "Am Anfang klang alles ganz schön"

In Garmisch regt sich Widerstand gegen die Münchner Bewerbung für die Winterspiele 2018. Die Orts-CSU, Landwirte und Grundeigentümer wollen ein Bürgerbegehren.

Viele Garmisch-Partenkirchner fürchten um ihre Postkartenidylle, sollten die Spiele kommen. Bild: dpa

GARMISCH taz | Die Maria und der Felix: Beide durften am Samstag daheim an ihrem Hausberg jubeln. Die eine, Maria Riesch, weil sie als beste Slalomfahrerin der Saison die begehrte kleine Kristallkugel erhielt, der andere, Felix Neureuther, weil er nach seinem Sieg in Kitzbühel auch den letzten Slalom gewann und so die Saison für ihn nach dem Olympia-Aus versöhnlich endete. An gleicher Stelle wollen die beiden auch im nächsten Jahr jubeln, wenn Garmisch-Partenkirchen die alpine Ski-WM ausrichtet. Die WM dient als Testlauf für die Münchner Olympiabewerbung: In Garmisch-Partenkirchen sollen 2018 die Schneewettbewerbe stattfinden.

Doch dort formiert sich der Widerstand. In der letzten Woche folgten rund 180 Garmisch-Partenkirchener der Einladung der olympiakritischen Plattform "Nolympia München 2018" und lauschten den Ausführungen des österreichischen Aktivisten Willi Rehberg, der ein Bürgerbegehren gegen die Olympiabewerbung Salzburgs für 2014 organisiert hat. Spätestens seit dieser Veranstaltung ist klar: Christian Ude hat sich geirrt! Der Münchner Oberbürgermeister hatte unlängst gegenüber der taz betont: "Also, ich halte die Widerstände für ein Medienprodukt."

Das Medienprodukt wird nun Realität. Die Olympia-Gegner initiieren in Garmisch-Partenkirchen ein Bürgerbegehren. Bei erfolgreichem Verlauf hätte dieser für ein Jahr bindende Wirkung, und die Olympischen Spiele würden definitiv nicht in Garmisch-Partenkirchen stattfinden. "Damit kippen wir dann die gesamte Bewerbung", ist sich der Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann (Grüne) sicher. "Allerdings haben wir nur eine Chance, die wir nutzen müssen." Noch geben sich die Organisatoren der Olympiabewerbung 2018 gelassen. "Wenn es wirklich zu einem Bürgerentscheid kommen sollte, dann präsentiert jeder seiner Argumente. Die Mehrheit im Ort steht definitiv hinter der Bewerbung", sagt Jürgen Bühl, Prokurist der Bewerbungsgesellschaft.

Der Fahrplan ist abgesteckt: Gestern übergab der Mode-Unternehmer Willy Bogner dem IOC in Lausanne die erste Bewerbungsmappe, das 80-seitige "Mini Bid Book". Im Juli ernennt dann das IOC die Kandidatenstädte - momentan sieht es danach aus, dass alle drei Bewerber, neben München Annecy in Frankreich und Pyeongchang in Südkorea im Rennen bleiben. Im Januar nächsten Jahres verlangt dann das IOC das offizielle Konzept, das sogenannte Bid Book.

Auch der Anregungen wegen weilt eine Münchner Delegation momentan bei den Paralympics in Vancouver. Auf den diesjährigen Olympia-Gastgeber nahm auch Kritiker Rehberg Bezug. "Letztendlich zahlt jeder Gastgeber am Ende die exorbitante Zeche, das IOC ist immer aus dem Schneider", sagte Rehberg. Die Kosten für die Spiele in Vancouver seien mit 9 Milliarden Dollar geradezu explodiert. "Jede Bewerbungsstadt muss umfassende Verpflichtungserklärungen unterschreiben. Dabei handelt es sich letztendlich um klassische Knebelungsverträge." Die markigen Sätze des kleingewachsenen Kritikers durchdringen den holzvertäfelten Raum im Gasthof "Schatten" und verfehlen nicht ihre Wirkung.

"Am Anfang klang ja alles ganz schön, da war auch ich für Olympia", meint der CSU-Gemeinderat Hannes Biehler. Mittlerweile habe er realisiert, dass Olympia einfach zu groß für den Ort sei und zu viel koste. Ein anwesender Landwirt am Nebentisch, Anton Erhardt, beklagt, dass die Einheimischen zu wenig eingebunden werden. "Es sind bei weitem nicht alle für Olympia hier im Ort."

Gerade die Landwirte spielen eine wichtige Rolle für die Olympiabewerbung. Es geht um deren Grundstücke, Flächen in Garmisch-Partenkirchen, auf denen Olympia-Bauten entstehen sollen. Auch in diesem Punkt zeigt sich Bühl zuversichtlich: "Wir werden mit den Eigentümern zu einer Lösung kommen." Eine andere Lösungsvariante präsentiert der Pressesprecher des Ortes, Florian Nöbauer: "Zur Not existiert ein Plan B, bei dem die Privatgrundstücke keine Rolle spielen."

Die Olympia-Gegner um den Landtagsabgeordneten Hartmann betonen ihre Solidarität mit den Grundstückseigentümern und setzen vor allem auf ökologische Aspekte: "Das Wettrüsten um hochmoderne Skigebiete zerstört unsere Natur", betont Hartmann. Letztendlich beraube sich damit Garmisch-Partenkirchen selbst, da der Ort inzwischen vornehmlich vom Sommertourismus lebe. Ähnlich sieht das Gemeinderat Biehler: "Der Grüngürtel ist das entscheidende Pfund für Garmisch."

Dennoch werden im nächsten Jahr Tausende von Fans in den Ort pilgern, um die Skihelden Maria und Felix zu bejubeln. Unabhängig davon, wie erfolgreich sich die beiden durch die Stangen schlängeln, haben es dann die Garmisch-Partenkirchener vermutlich selbst in der Hand, über die Olympischen Spiele 2018 in ihrem Ort zu entscheiden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.