piwik no script img

München-"Tatort" am SonntagEin Herz für Hexen

Im "Tatort" des BR, "Gesang der toten Dinge", entdeckt Ermittler Batic die Welt der Esoterik - am Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD.

Oooooohhhhmmmm... Scharlatan Remy Pirol und die Kommissare Leitmayer und Batic. Bild: br/bavaria film/stephen power

"Ich arbeite mit Energien", sagt eine Zeugin. "Also bei den Stadtwerken?", fragt der Kommissar. "Nein, mit Kristallen." Ermittler Leitmayr (Udo Wachtveitl) tut sich auf dem Feld der Astrologie und des Wahrsagens offensichtlich noch schwer, Kollege Batic (Miroslav Nemec) indes entdeckt bald sein Herz für die Grenzwissenschaften: Nachdem ihm die "Aura-Leserin" Fefi Zänglein (Irm Hermann) den so lange verdrängten Tod seines zu Kindeszeiten so geliebten Hundes angesehen hat, ist er ganz ihr und ihrer Profession zugetan.

Begeistert diskutiert Batic mit der Frau auch ihre auratischen Kompositionen, die sie aus Uhrticken, Türquietschen, Holzdielenknarren zusammenstellt und den "Gesang der toten Dinge" nennt. Am Ende läuft er gar mit dem Mikro durchs Revier, um der neuen Schwester im Geiste eine Kassette zu schenken: "Das ist Musik von einem Paternoster. Musik für Kenner."

Ein Krimilustspiel aus der weiten Welt der Esoterik hat der Österreicher Thomas Roth mit seinem ersten München-"Tatort" vorgelegt. Verankerte er seinen grandiosen Ermittler "Trautmann" (hierzulande gelegentlich auf 3sat zu sehen) noch im engen Wiener Mief, so lässt er die beiden Münchner Polizisten um die Gegend des malerisch mit Laub bedeckten Schloss Nymphenburg flanieren, wo Fefi als Gärtnerin arbeitet. Weiß sie etwas zum Tod der TV-Astrologin Doro Pirol?

Der, zugegeben, nicht besonders virtuos gestrickte Plot (Buch: Markus Fenner) bietet reichlich Möglichkeiten, alle Facetten der Pseudowissenschaften auszubreiten: Von der Scharlatanerie des Ehemanns der Toten (André Eisermann), ebenfalls Fernsehsternendeuter, der zur Klärung der Lebensfragen seiner Kunden mit zuckendem Körper die Erzengel Gabriel und Urion anruft, bis eben zu den wundersamen Eingebungen der Kräuterhexe Fefi.

Dass nicht alle Rätselhaftigkeiten restlos aufgeklärt werden, ist dabei schon okay. Zum Glück gibt es jetzt ja im Münchner "Tatort" wieder einen Gegenpol zu Batic und Leitmayr, die sich hier im zauberhaft entrückten Schloss Nymphenburg ein bisschen zu liebevoll necken. Nach dem Abgang von Carlo Menzinger sorgt Sabine Timoteo ("Der freie Wille") als aus dem Südwesten zugereiste Ermittlerin Gabi Kunz für neue analytische Schärfe. Im trockenen Schwyzerdütsch arbeitet sie gegen ihre allzu gefühligen Kollegen an, Esoterikflashs und Zärtlichkeitsattacken werden nüchtern von ihr abmoderiert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!