Mühle macht Wind

■ „Technisches Baudenkmal“ im Landkreis Diepholz mahlt Mehl und Öl und soll auch Strom produzieren / Noch 400 baugleiche Mühlentypen allein in Niedersachsen

Einer von den MühlenbauerIn

nen, die große Leidenschaft für ihre Tüftelei haben, so verbissen wie unentgeltlich arbeiten, weder Kosten noch Mühe scheuen, in mühsamer Kleinarbeit sture Bürokraten, skeptische NachbarInnen und eingeschlafene Amtsschimmel überzeugen, alte Baupläne ausgraben und moderne Technik nutzen - so ein Mühlenbauer ist Martin Läer. Und eine Mühle war ihm nicht genug: Seit Jahren schon lebt er in in der „Wassermühle Nettetal“ bei Osnabrück, die seit Jahren nicht nur Mehl, sondern auch Strom erzeugt. Läer mahlt Vollkorn -Mehl für Bio-Bäckereien im Umkreis und kann in einer Stunde 2 Tonnen, also 80 Sack Getreide zu Mehl machen. Ökonomisch trägt sich die Mühle längst. Nebenbei, in der Wohnung von Martin Läer, ist die Mühle Nettetal seit fünf Jahren ein richtiges privates Kulturzentrum: „Es gibt öffentliche Konzerte zwischen meinen Büchern und meiner Küche, da kom

men oft über 100 Leute“, erzählte Läer gegenüber der taz. Geklaut wurde übrigens bei solchen Gelegenheiten nie etwas.

An der anderen Windmühle, um die es hier jetzt gehen soll, bastelt Läer seit elf Jahren: eine achteckige, backsteinerne „Turm-Galerie-Holländer-Windmühle mit Windrose und Flügeln mit Jalousien“. Das schöne Stück, inzwischen nicht nur als „technisches Baudenkmal“ offiziell anerkannt, sondern bereits Mehl und Öl produzierend, steht in Barver im Landkreis Diepholz. Martin Läer, Forstwissenschaftler, fünf Jahre lang an der Bremer Universität Lehrbeauftragter für Waldökologie, fand die Mühle und rettete sie vor dem schon beschlossenen Abriß per Denkmalschutz-Antrag. Seine Gründe formuliert Läer als Herzensangelegenheit: „Es liegt mir besonders am Herzen, alte Mühlen vor dem Verfall zu bewahren.“

Die Mühle hatte bis 1928 Mehl und Öl produziert und dann 60

lange Jahre stillgestanden. Aber viele Kostbarkeiten in ihrem Inneren waren noch erhalten. Nach alten holländischen und deutschen Mühlenbüchern rekonstruierte Martin Läer die Technik, die alten Teile und die früheren Übersetzungsverhältnisse.

Äußerlich vorstellen kann man sich den Typ so wie die Bremer Mühle am Wall: achteckig, steinern, mit drehbarem Mühlenkopf. Die Mühle ist ganz schön hoch: Mit 20 Metern wie ein siebenstöckiges Gebäude und eine der höchsten im Landkreis. Die gewaltigen Wände sind unten 1,20 Meter dick. Mit einer Flügellänge von 21 Metern ereicht sie 70 PS.

Das Innenleben ist vielfältig: Im dritten Stock ist der Mahlsöller, sozusagen die Mehl-Etage, mit drei noch vorhandenen windgetriebenen Mahlgängen. Eine gewaltige Rollscheibe aus Holz, beschlagen mit Eisennoppen wie ein Sieb, dreht sich und schält von Körnern die Randschichten ab,

macht Graupen.

Nur noch selten vorhanden, aber restaurierbar: die Ölmühle im Erdgeschoß. Ölhaltige Saaten wie Bucheckern, Raps, Leinsamen oder Sonnenblumenkerne können dort zu dem besonders wertvollen kalt geschlagenen Öl gepreßt werden. „Ich möchte mit der Mühle auch Strom erzeugen“, sagt Läer. Wenn das klappt, hätte das vielleicht eine Sogwirkung auf die 400 anderen baugleichen Mühlen in Niedersachsen. „Vor allem: Man braucht keine Baugenehmigung!“

65.000 Mark hat die alte Mühle seinerzeit gekostet, rund 300.000 Mark sind schon verbaut; weitere 200.000 Mark wird Läer noch brauchen, der schon 10 Jahre Arbeit und 40-50.000 Mark Privatgeld reingesteckt hat. Landkreis, Samtgemeinde und Bezirksregierung haben Geld locker gemacht. Läer: „Kein Pfennig durch die Banken - und nichts geht ohne die ehrenamtlichen Helfer!“ Susanne Paa