Muammar al-Gaddafi ist tot: Das Ende des Diktators
Libyens Ex-Machthaber Gaddafi ist nach Angaben des Nationalen Übergangsrates tot. Bei der Flucht aus seiner Heimatstadt Sirte wurde er beschossen und erlag seinen Verletzungen.
TRIPOLIS/BRÜSSEL afp/dpa/rtr | Der libysche Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi soll während der Flucht aus seiner Heimatstadt Sirte getötet worden sein. Dies teilte der Nationale Übergangsrat NTC mit. Gaddafi sei an Folgen eines Angriffs auf seinen Autokonvoi gestorben. Der 69-Jährige soll Schussverletzungen in beiden Beinen erlitten haben. "Er wurde auch in den Kopf getroffen", sagte ein ranghoher Militärvertreter des NTC. "Seine Gruppe wurde heftig beschossen, und er starb."
Der libysche Ministerpräsident Mahmud Dschibril hat den Tod des langjährigen Machthabers Muammar Gaddafi bestätigt. Jetzt sei es an der Zeit, ein neues, einiges Libyen zu schaffen, sagte Dschibril am Donnerstag in Tripolis. "Wir verkünden der Welt, dass Gaddafi durch die Hände der Revolution getötet wurde", erklärte der Sprecher der neuen libyschen Führung, Abdel Hafes Ghoga. "Das ist ein historischer Moment, es ist das Ende der Tyrannei und der Diktatur", fügte er hinzu.
Fernsehsender hatten zudem ein Foto Gaddafis gezeigt, um dessen Tod zu belegen. Auf dem Bild ist der vermutlich tote Ex-Diktator mit blutverschmiertem Gesicht zu sehen. Al-Arabija meldete außerdem, Abdullah al-Sanussi, ein enger Vertrauter des ehemaligen Machthabers, festgenommen worden. Zudem berichteten Vertreter der Übergangsregierung, dass auch Gaddafis Sohn Mo'Tassim von Kämpfern der neuen Führung erschossen worden sei. Gaddafis vor allem im Ausland bekannter Sohn Saif al-Islam sei auf der Flucht von Einheiten der Regierung eingekreist worden.
Von Gaddafi fehlte seit dem 27. August jede Spur. Er war immer wieder an verschiedenen Orten vermutet worden, wie unter anderem in der Wüstenstadt Sebha oder aber in einer Oase im Süden des Landes.
Nato bombardierte möglicherweise Autokonvoi
Der Autokonvoi, in dem sich Gaddafi befand, wurde möglicherweise am Donnerstagmorgen von der Nato bombadiert. Wie ein Sprecher des Nato-Einsatzes in Libyen mitteilte, bomardierten Nato-Flugzeuge um 8.30 Uhr Ortszeit "zwei Militärfahrzeuge der Pro-Gaddafi-Truppen", die als Teil eines größeren Konvois nahe Sirte unterwegs waren.
Laut Nato-Diplomaten wurden am Donnerstagnachmittag Angaben der neuen Führung in Libyen geprüft, wonach sich Gaddafi in dem Konvoi befand und gefasst wurde, nachdem die Fahrzeuge durch den Nato-Angriff gestoppt wurden. Dies habe die Gefangennahme des zunächst noch lebenden, aber schwer verletzten Gaddafi möglich gemacht, hieß es.
Nach den Berichten über den Tod des libyschen Ex-Machthabers Muammar al-Gaddafi sieht die Europäische Union "ein Ende der Ära von Gewaltherrschaft und Unterdrückung, unter der das libysche Volk zu lange gelitten hat". In einer Erklärung von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso vom Donnerstag heißt es: "Heute kann Libyen eine neue Seite in seiner Geschichte aufschlagen und eine neue demokratische Zukunft beginnen."
Die politische EU-Spitze forderte den Nationalen Übergangsrat Libyens auf, einen "breit angelegten Prozess der Aussöhnung" einzuleiten. Dieser müsse sich an alle Libyer richten und einen "demokratischen, friedlichen und transparenten Übergang im Land ermöglichen".
Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi reagierte mit den Worten "Sic transit gloria mundi" – so vergeht der Ruhm der Welt – auf die Berichte über den Tod seines einstigen Freundes Muammar al-Gaddafi. Er fügte hinzu: "Jetzt ist der Krieg vorbei." Außenminister Franco Frattini bezeichnete Gaddafis Festnahme als "großen Sieg für das libysche Volk".
Sirte "vollständig befreit"
Die Truppen der libyschen neuen Führung erklärten unterdessen, die umkämpfte Küstenstadt Sirte sei "vollständig befreit". Durch die Befreiung von Gaddafis Geburtststadt und die "Bestätigung für den Tod Gaddafis" sei nun auch ganz Libyen nun "vollständig befreit", sagte ein hochrangiger Militärvertreter des Übergangsrates, Chalifa Haftar, der Nachrichtenagentur AFP.
Sirte galt als letzte Hochburg Gaddafis und wurde bis zuletzt von seinen Unterstützern gehalten. Am Montag hatten Truppen der neuen Führung bereits die Wüstenstadt Bani Walid eingenommen.
Ein Arzt berichtete unterdessen, bei den Kämpfen um Sirte sei der frühere Verteidigungsminister des Machthabers, Abu Baker Junis Dschabir, getötet worden. Ein Kommandant des Übergangsrates an der Front in Sirte hatte zuvor gesagt, dass die Truppen in das letzte Viertel von Gaddafis Geburtsstadt eingedrungen seien, das noch von seinen Unterstützern gehalten werde.
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