„Mpox“-Virus in Berlin: Impfen mit Hürden
Nach dem ersten „Mpox“-Fall in Europa empfiehlt die Stiko die Impfung für Risikogruppen. In Berlin ist das bislang aufwendig.
Am Donnerstag wurde der erste europäische Mpox-Fall der Virus-Variante 1b in Schweden diagnostiziert. In Deutschland und Berlin sind laut Senatsgesundheitsverwaltung bislang keine Fälle des neuen Erregers bekannt. Doch die Erfahrungen der Corona-Pandemie lehren uns, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das Virus auch die Hauptstadt erreicht. Das weiß auch Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD): „Wir beobachten die Lage sehr genau und bereiten entsprechende Maßnahmen vor“, kündigte sie am Freitag an.
Eine Risikogruppe der Viruskrankheit, die meist durch engen Hautkontakt und Sex übertragen wird, sind Männer, die mit Männern Sex haben. Für diese und weitere Risikogruppen empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) eine Impfung. Von Impfwilligen ist in Berlin jedoch Ausdauer gefordert. Sie müssen sich ein Rezept beim Arzt besorgen, den Impfstoff auf eigene Kosten bei der Apotheke kaufen (etwa 200 Euro), sich beim Arzt impfen lassen und anschließend bei ihrer Krankenkasse Rückerstattung beantragen.
Grund für das Bezahl-Hickhack ist eine fehlende Impfvereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und den Verbänden der Krankenkassen. Bis Ende 2023 wurden die Impfkosten vom Land Berlin, im Rahmen eines Kooperationsvertrags der KV mit der Gesundheitsverwaltung, übernommen. Danach wurde der Vertrag aufgehoben. Seitdem müssen die Impfungen über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden.
Globaler Gesundheitsnotstand nach Mpox Ausbruch 2022
In Kraft getreten war der Kooperationsvertrag, nachdem die WHO im Juli 2022 wegen des ersten globalen Mpox-Ausbruchs den weltweiten Gesundheitsnotstand erklärt hatte. In Berlin waren 2022 1.668 Fälle gemeldet worden. „Wir haben damals gut auf die Lage reagiert und schnell Impfungen ermöglicht“, so Czyborra. Die Zahlen gingen nach einer breiten Impfaktion zurück, 2023 wurden insgesamt 79 und 2024 bislang 33 Fälle der weniger gefährlichen Mpox-Variante 2b dokumentiert.
Obwohl die Rückerstattung, wie eine Sprecherin der taz gegenüber betont, bislang „ohne Probleme“ funktioniere, „setzt sich die Senatsgesundheitsverwaltung dafür ein, dass der noch ausstehende Vertrag bald abgeschlossen wird“. Grundsätzlich sei Berlin seit dem Ausbruch der Mpox 2022 sensibilisiert und könne an die gemachten Erfahrungen anknüpfen.
Der Queerbeauftrage Alfonso Pantisano (SPD) wünscht sich jedoch, „dass Berlin dieses Mal besser vorbereitet ist“, wie er in einem Facebook-Post öffentlich machte. Die Gesundheitssenatorin forderte er dazu auf, eine kurzfristige Dringlichkeitssitzung des Runden Tisches Mpox einzuberufen. Czyborra kündigte am Freitag an, sich „auf Fachebene mit den beteiligten Institutionen auszutauschen und gemeinsame Reaktionen abzusprechen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht