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Moschee-Bau am "Ground Zero"Streit um den heiligen Boden

Im toleranten New York ist ein heftiger Streit um ein Gotteshaus entbrannt. Denn die muslimische Gemeinde will hundert Meter vom Ground Zero entfernt eine dreizehnstöckige Moschee bauen.

Ein Kreuz am Ground Zero ist vielen New Yorkern doch lieber. Bild: ap

NEW YORK dpa | In New York gibt es hunderte Gotteshäuser. Die meisten tragen ein Kreuz auf dem Dach oder einen Davidstern im Fenster, doch es gibt auf dieser Welt wohl keine Religion, die in der Weltstadt New York nicht irgendwo ihr Haus hat. Eines davon sorgt jetzt für Streit in einer Stadt, die auf Toleranz so viel Wert legt: In Manhattan soll eine neue Moschee entstehen - ganz in der Nähe des "Ground Zero".

Das Areal gilt vielen Amerikanern immer noch als "heiliger Boden". Es waren Islamisten, die am 11. September 2001 zwei mit Passagieren besetzte Flugzeuge in die Doppeltürme des World Trade Center jagten und fast 3.000 Menschen mit in den Tod rissen. "Wir betrachten das als Friedhof und als heiligen Boden und die Toten sollten geachtet werden", sagt die konservative Bloggerin Pamela Geller im CNN-Interview. "Eine 13-stöckige Megamoschee auf einem Friedhof zu bauen, an der Stelle des größten Angriffs in der amerikanischen Geschichte, das ist unglaublich taktlos."

Die Adresse Park Place ist nur gut hundert Meter von der größten Baustelle New Yorks entfernt. Während am Platz des World Trade Center nur langsam der Nachfolgebau aus der Fundamentgrube wächst, will die muslimische Gemeinde Fakten schaffen: Der eineinhalb Jahrhunderte alte Wohnblock am Park Place soll abgerissen und durch ein 100 Millionen Dollar (78 Millionen Euro) teures Zentrum ersetzt werden. Der Bau könne auch Anlaufstelle für Christen und Muslime sein, betonen die Verantwortlichen. Zentrum soll allerdings eine gewaltige Moschee sein.

"Es ist ein furchtbarer Fehler, ein 154 Jahre altes Gebäude abzureißen, um ein Denkmal für den Terrorismus zu bauen", ereiferte sich eine Anwohnerin am Dienstag. Die New Yorker Denkmalschutzbehörde hatte zum Ortstermin geladen und es wurde laut in der ansonsten nüchternen Sitzung. Von einer "Zitadelle des Islamismus" sprachen andere, einen "Schlag ins Gesicht" der Opfer und ihrer Angehörigen sahen gleich mehrere. "Haben wir vergessen, was am 11. September passiert ist", fragte ein Mann.

Die Gegenseite war nicht weniger emotional. Eine Frau, deren Bruder als Feuerwehrmann in einem der zusammenstürzenden Türme starb, wurde ob ihrer Bedenken als Rassistin beschimpft. "Auch meine Familie ist an dem Tag gestorben", schrie eine junge Frau mit Kopftuch. "Ihr könnt ja schreien, aber wenn die Moschee gebaut wird, erfahrt Ihr, wofür der Islam wirklich steht." Rakif Gathwari, New Yorker mit arabischen Wurzeln und muslimischem Glauben, sagte sogar: "Heute schäme ich mich, Amerikaner zu sein" und schwenkte seinen US-Pass über dem Kopf. Schließlich seien in den Trümmern nicht nur Christen und Juden gestorben.

Von den Angehörigen kommen zumeist moderatere Stimmen. "Den Leuten wird immer gleich vorgeworfen, antimuslimisch oder rassistisch zu sein", sagte Sally Regenhard der New York Times. "Aber das ist einfach eine Frage des Taktgefühls." Ihr Sohn starb als Feuerwehrmann im zusammenstürzenden World Trade Center. "Es ist schon so schwer genug dahinzugehen, zu dieser Grube aus Hölle und Tod."

Einen solchen Konflikt sieht die muslimische Gemeinde nicht. "Muslime haben eine berechtigte Rolle zu spielen in der sozialen Struktur dieses Landes", sagt Ibrahim Ramey von der Muslim American Society Freedom Foundation dem Sender CNN. Und Sharif El-Gamal, Planer des Komplexes, bezeichnete das Vorhaben als "Stimme der moderaten Muslime". "Da ist solch eine Ignoranz gegenüber dem Islam!"

Ob die Moschee tatsächlich jemals gebaut wird, ist ungewiss. Die Stadt New Yorks muss zwar irgendwann entscheiden, doch Bürgermeister Michael Bloomberg, dessen Rathaus auch nur ein paar Minuten entfernt ist, hat schon jede Einmischung abgelehnt: "Wir werden niemals Menschen sagen, wie oder wo sie zu beten haben."

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19 Kommentare

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  • UG
    Ungutes Gefühl

    Mein Instinkt sagt mir, hier ist etwas faul.

     

    Das ist taktisch einfach unklug. Zum Dialog bringt uns das nicht. Die Abneigung wird verstärkt. Das friedliche Miteinander eher geschädigt.

     

    Nur als Tipp: Es gibt Menschen, die sind FÜR etwas, weil sie eigentlich DAGEGEN sind.

     

    Was soll das wirklich?

  • Y
    YES!

    @ichbinerschüttert

    und ich bin erschüttert von deiner unkenntnis.

    das was du "muslimischer terror" nennst, erlaubt die islamische religion nicht. was die 11/9-täter getan haben, ist nicht islam-kompatibel. das waren mörder, punkt. und das sehen so gut wie alle moslems so, ausgenommen psychopathen wie bin laden & co.

     

    in cordoba erlebte die islamische kultur eine blütezeit: übersetzung der antiken phil. schriften, architektonische meisterleistungen, tolerantes "mulitkulti-leben", reger handel und wirtschaftlicher aufschwung, fortwährender gesellschaftlicher fortschritt, auch und gerade im verbund mit jüdischen bewohnerInnen. die christl. kreuzzüge haben (christl. europäer waren damals übrigens noch strunzdumm resp. ungebildet) zu einem ende dieser progressiven bewegung und zu einer durchsetzung radikaler islam. kräfte geführt - das musst doch du wissen, wenn du so gut bescheid weisst.

     

    vor diesem historischen hintergrund passt die moschee und ihr name 1a zur stadt der städte -

    i say yeah!

  • IB
    Ich bin erschüttert

    Ihr Befürworter :

    Wie verblendet seid Ihr eigentlich?

    An der Stelle, an welcher erwiesenermassen, 3000 Menschen durch muslimischen Terror ermordet wurden, wollen Muslime eine Megamoschee bauen.

    Damit nicht genug, sie soll "Cordoba" Haus heissen, in der Muslimischen Welt ist die spanische Stadt ein Inbegriff der Eroberung abendländischen Bodens im 8.JH.

    Weiterhin soll am 11. September 2011 (d.h. genau am 10.Jahrestag des feigen Anschlags auf Unschuldige Menschen!!!!) mit dem Bau begonnen werden.

    Deutlicher kann man Opfer nicht verhöhnen.

    Wer das nicht erkennen will, ist entweder furchtbar dumm oder komplett menschenverachtend.

  • V
    vic

    "Streit um den heiligen Boden"

     

    In Manhatten? Da auch?

  • PL
    prinz lilifee

    hier wird mal wieder deutlich, womit wir es bei 9-11 bzw dessen instrumalisierung zu tun haben:

     

    die menscheit soll in 2 gegenerische lager gespalten werden, nämlich 'christen' und 'nicht-christen (resp. moslems)' bzw 'amerikaner' und 'nicht-amerikaner (resp. araber)'.

     

    denn ist es nicht paradox, dass genau jene, die ground zero als "HEILIGEN boden" begreifen, also anscheinend gläubig sind, ein problem mit einem 'GOTTES- bzw GEBETSHAUS' in direkter nähe haben?!

    wo soll man sowas denn sonst bauen, wenn nicht insbesondere genau da?!?

     

    aber ach, ich vergaß! es geht hier ja um kampf 'islam' gegen 'christentum/den westen'. da ist gott nicht gleich gott und fremdes heiligtum umso ant-heiliger; bush's "kreuzzug" und so, nee logo. ausblenden muss man hierzu natürlich, dass bei dem anschlag auch 'moslems' starben und 'die christen', die sich nun als opfer stilisieren, von den kreuzzügen des mittelalters bis heute permanent den 'moslem-schlächter' spielen.

    dass der moschee-plan aus deren perspektive als 'provokation' verstanden wird, scheint bei "3000 toten (märtyrern?)" hingegen nachvollziehbar.

     

    da frag ich mich (und die 9-11 mahner)"Haben wir vergessen, was an unzähligen 11. Septembern passiert ist?"

    daher werde ich nun eine initiative gründen, die auf ein grundsätzliches verbot von kirchenbau in den usa zielt. denn die gesamte fläche war schauplatz eines ständigen terrorakts der 'christianisten' gegen die menschheit. dort wurden von europäischen 'gotteskriegern' zigtausende friedliche einheimische ("indianer") dahingemetzelt und deren überbleibsel werden sogar bis heute umgebracht, indem man sie zu junkies & alkoholikern macht (hinzu kommen noch die totgeprügelten & erhängten, eigens aus afrika importierten sklaven, deren mord oft mit einem brennenden kreuz symbolisiert wurde).

    obschon die genaue opferzahl unbekannt ist [wen interessiert die schon bei 'nicht-weißen'?!], ist immerhin klar, dass die zahl 3000 dagegen wie ein furz erscheint.

     

    weil bei diesem "schlimmsten Angriff in der geschichte Amerikas" jeder hinweggefegte indianer-stamm und jede ausgelöschte kultur mit dem bau neuer christen-kirchen gefeiert, verfestigt und aufs neue vorbereitet wurde, stellen diese "Denkmäler für den Terrorismus" einen besonders "taktlosen", wenn nicht böswilligen "Schlag ins Gesicht der Opfer", ihrer angehörigen & hinterbliebenen dar!

     

    also: keine kirchen in sichtweite amerikas!

     

     

    ps: warum die christen ausgerechnet dort ihre gottehäuser bauen, fragt man sich sowieso. die können doch überall sonst bauen, gehört ihnen doch fast die ganze welt...

  • D
    deviant

    "von ari:

     

    mal ne gegenfrage:

     

    wie würden saudis reagieren, wenn amis mit nem flieger in riad nen büroturm zerstören und dann dort ne kirche bauen wollen?

     

    (man darf in saudi-arabien nicht einmal ne bibel besitzen)"

     

    Eine andere Gegenfrage: Nennt Saudi-Arabien sich das "Land of the free" oder den Leuchtturm und strahlendes Vorbild in Sachen Demokratie und westlicher Werte (also auch Trennung von Staat und Kirche)?

    Ich kann sie ja auch nicht mit einem intelligenten Menschen vergleichen, wenn sie hier so kommentieren - da fehlt einfach die Vergleichsgrundlage...

  • G
    gelderlander

    Warum sollte da keine Moschee erbaut werden? Oder sind etwa alle Muslime Islamisten? Das wäre dann ja Sippenhaft - und das gabs schon mal.

  • V
    vic

    Warum man in der Nähe Ground Zeros eine Moschee baut?

    Gegenfrage:

    Warum nicht?

  • L
    Lohnsteuerjahresausgleich

    13 Etagen? Dreizehn? Hat der Wahnsinn denn niemals ein Ende?

  • D
    Durchblicker

    Die Medien sollen mal aufhören, die Bezeichnung "Gotteshaus" zu verwenden. Da es keinen Gott gibt, kann es auch kein Haus dafür geben. es gibt ja auch kein Pumucklhaus.

  • H
    Hangaround-Guy

    Selbst wenn die Umstände des 11. September geklärt wären und man eindeutige Beweise dafür hätte, dass Muslime den Anschlag begangen hätten, so kann ein rational denkender Mensch doch unmöglich auf den Gedanken kommen, dafür alle Muslime der Welt in Sippenhaft zu nehmen und ihnen ihre Bürgerrechte abzusprechen. Wenn man überlegt, dass seit 9/11 mehrere zehntausend Muslime, von amerikanischen Truppen auf ihren als Friedensmissionen getarnten Raubzügen durch die Welt getötet wurden, dann sollte jeder vernünftige Amerikaner vor Scham im Boden versinken, anstatt sich über mangelndes Taktgefühl zu beschweren.

  • MF
    Meesum F.

    Als Moslem stellt man sich halt die Frage:

     

    Warum muss es ausgerechnet in unmittelbarer Nähe von Ground Zero gebaut werden?

  • R
    roterbaron88

    NA denn kann ja "Pro" Deutschland nach New York und sich da versuchen zu produzieren.

     

    "Pro" New York also .... mal sehen ob die Amis so doof wie die Kölner sind...

  • S
    Seim

    Wie gut, dass das nur etwas mit einem Anschlag zutun hat, der religiös motiviert war.

     

    Wenn man Respekt und Anstand besäße, würde man solch "weltfremde" Forderungen erst gar nicht stellen.

     

    Ich toleriere auch, dass ich nicht nach Mekka darf.

     

    Es gibt Dinge, die fordert man nicht - eine Moschee können die auch woanders hinbauen. Das sieht leider wieder nach subtiler Provokation aus, um Islamfeindlichkeit als Totschlagargument nutzen zu können.

  • A
    aylina

    ich als "moslem" finde es unangebracht, am ground zero oder auch in der nähe dieser stätte eine moschee zu bauen. wenn die molslemische-gemeinde gute absichten hat, dann soll sie es anderweitig zeigen bzw. dafür sorgen, dass in ihren usprungländern andersdenkende und -gläubige auch ihre religösen freiheiten ausleben können. es ist immer ein nehmen und geben

  • A
    ari

    mal ne gegenfrage:

     

    wie würden saudis reagieren, wenn amis mit nem flieger in riad nen büroturm zerstören und dann dort ne kirche bauen wollen?

     

    (man darf in saudi-arabien nicht einmal ne bibel besitzen)

  • P
    Peter

    Ich glaube die wollen nur provozieren, dass diese Idee auf breiten Wiederstand stößt mussten sie einfach wissen.

  • TL
    taz Leser

    Wenn sich die New Yorker das bieten lassen, sind sie selbst schuld.

  • B
    BerlinMarcus

    "Schön" zu lesen das auch in Amerika alle als Rassisten beschimpft werden, die eine "andere" Meinung haben... in Deutschland leider schon sehr etabliert!