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Mordfall Jonny K.Festnahme am Flughafen

Der Hauptverdächtige des Mords an Jonny K. in Berlin hat sich den deutschen Behörden gestellt. Er wurde direkt nach seiner Ankunft aus der Türkei verhaftet.

Tanzen für Jonny K. – in Berlin wurde am Wochenende mit einem Benefizkonzert an den Ermordeten gedacht. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Druck hat sich ausgezahlt. Nachdem sich sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich im Fall Jonny K. einschaltete, hat sich der Hauptverdächtige am Montag den deutschen Behörden gestellt.

Ein halbes Jahr nach der tödlichen Attacke am Berliner Alexanderplatz konnte der 19-Jährige Onur U. gleich nach seiner Ankunft am Berliner Flughafen Tegel festgenommen werden. Der Prozess gegen ihn und fünf weitere Verdächtige wird voraussichtlich Mitte Mai beginnen.

Jonny K. war Mitte Oktober vergangenen Jahres nachts mitten im Zentrum Berlins von einer Gruppe junger Männer attackiert worden, als er einem betrunkenen Freund helfen wollte, der einen Tag später starb. Die Tat sorgte bundesweit für Entsetzen.

Innensenator Henkel lobt Behörden

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) würdigte nun das Vorgehen der Ermittlungsbehörden. „Die Geduld hat gesiegt - und die Beharrlichkeit von Polizei und Justiz“, sagte Henkel

Fünf Verdächtige sind bereits angeklagt. Die Kanzlerin soll Ende Februar bei ihrem Spitzentreffen mit dem türkischen Premier Recep Tayyip Erdogan in Ankara die Erwartung geäußert haben, dass die Türkei aktiv nach dem letzten noch flüchtigen Tatverdächtigen fahnde, der sich nach der Attacke in die Türkei abgesetzt hatte.

In der vergangenen Woche hatte die türkische Justiz daraufhin mitgeteilt, sie habe gegen U. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des vorsätzlichen Mordes und der vorsätzlichen Körperverletzung eingeleitet. Das dürfte Onur U. zum Umdenken bewogen haben.

Am Sonntagabend zuvor hatte in Berlin ein großes Konzert zum Gedenken an Jonny K. statt gefunden, der am 7. April 21 Jahre alt geworden wäre. Mehr als 1.000 Menschen kamen zu dem Benefizkonzert im Admiralspalast, das Jonnys Schwester Tina K. initiiert hatte und für dass sie Musiker von Seeed, Glasperlenspiel sowie die Performance-Künstler der Blue Man Group gewinnen konnte.

Peter Fox singt für Jonny K.

Fast fünf Stunden dauerte das Konzert, bei dem Rap-Größen wie Peter Fox und Kool Savas auf der Bühne standen, und das mit einem Geburtsstagsständchen für den Getöteten endete. Alle Musiker verzichteten auf ihre Gagen.

Mit einer Tombola wurden Spenden gesammelt. Der Erlös soll dem von Tina K. gegründeten Verein „I Am Jonny“ zugutekommen, der sich mit Jugendprojekten gegen Gewalt in Berlin engagiert. Tina K. will eine Stiftung zur Unterstützung von Anti-Gewalt-Projekten gründen. 150 000 Euro braucht sie dafür. Einen Teil hat der Abend nun bereits eingebracht.

Für eine Video-Kampagne des Vereins hatte Tina K. zuvor bereits Prominente wie die Schauspieler Jürgen Vogel und Sibel Kekilli sowie die Fußball-Profis Jérôme Boateng und Holger Badstuber gewinnen können. Den Videoclip auf Youtube haben schon mehr als 1,3 Millionen Menschen gesehen.

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5 Kommentare

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  • S
    Störtebekker

    Er hatte die Wahl zwischen türkischem Knast und deutscher Kuscheljustiz. Ich hät mich auch so entschieden.

  • P
    PeterWolf

    In der vergangenen Woche hatte die türkische Justiz daraufhin mitgeteilt, sie habe gegen U. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des vorsätzlichen Mordes und der vorsätzlichen Körperverletzung eingeleitet. Das dürfte Onur U. zum Umdenken bewogen haben."

     

    War es nun "die Beharrlichkeit die Beharrlichkeit von Polizei und Justiz" oder die der Kanzlerin?

     

    Wobei mich letzteres doch sehr an der Türkei zweifeln ließe, denn das würde bedeuten, dass die türkische Justiz von sich aus Strafvereitelung betrieben hätte und erst durch die Politik zu rechtsstaatlichen Handeln gebracht wurde. Wäre zudem nicht gerade ein Ausweis für eine unabhängige Justiz.

     

    Gibt es auch einen nicht "vorsätzlichen" Mord? (Oder ist ein nichtvorsätzlicher Mord der türkische Begriff für Totschlag?)

     

    Hat sich Onur Ukal dem Artikel nach gar nicht gestellt, sondern ist vor allem vor der türkische Justiz geflohen?

     

    Werden wir all dies je erfahren?

  • L
    Leser

    Endlich stellt sich der Mörder. Ich hoffe, Jonny kann endlich in Frieden ruhen. Die Frau Kanzlerin würde ich gerne mal fragen, was sie eigentlich zu den ganzen Hausbränden sagt. Da sollte sie mal die Augen öffnen.

     

    Menschen verbrennen lebendig und was sind die Ursachen? Technische Defekte. Seltsam nur, dass bei diesen technischen Defekten meistens eine bestimmte ethnische Gruppe betroffen ist. Und gerade da wird Jonny instrumentalisiert werden. Der arme Jonny.

  • N
    naseweis

    möcht mal wissen ,welche absprachen im vorfeld der " freiwilligen " rückkehr getroffen wurden

  • ID
    Ist doch klar

    Schätze bei "harter" Strafe 5 Jahre, d.h. nach spätestens nach 3 Jahren raus. Eher 3 Jahre und nach 20 Monaten raus. Bis dahin schnell Freigännger. In der Türkei wären es sehr viele Jahre im Erwachsenenknast. Da fällt die Wahl leicht. Wegen der NSU-Show muß es sein, sonst wäre er unbehelligt geblieben wie die letzten Monate und wie andere auch.

     

    Das sähe für merkels Wahlkampf blöd aus und da sprach sie mal mit den Türken. Es sollen übrigens noch Plätze im Gerichtssaal frei sein wie bei den tausenden solcher Prozesse auch. Nur falls türkische Zeitungen und Politiker nicht informiert sein sollten.