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Archiv-Artikel

Mordanklage gegen RAF-Mitglied Verena Becker

JUSTIZ Der 57-Jährigen wird Beteiligung am Attentat auf Generalbundesanwalt Buback vorgeworfen

In dem Verfahren dürften Akten des Verfassungsschutzes eine wichtige Rolle spielen

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Anklage gegen das ehemalige RAF-Mitglied Verena Becker wegen des Anschlags auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback vor 33 Jahren zugelassen. Das teilte die Justizbehörde am Mittwoch mit. Mit dem Beginn der Verhandlung in Stuttgart-Stammheim ist danach Ende September zu rechnen.

Die Bundesanwaltschaft hatte im Frühjahr Anklage gegen Becker erhoben. Der heute 57-Jährigen wird eine Mittäterschaft bei der Erschießung Bubacks und seiner beiden Begleiter am 7. April 1977 in Karlsruhe vorgeworfen. Damit stellte sich die Bundesanwaltschaft gegen den Bundesgerichtshof, der im Dezember vergangenen Jahres einen Haftbefehl gegen Becker mit der ausdrücklichen Begründung aufgehoben hat, der Beschuldigten sei allenfalls Beihilfe vorzuwerfen. Selbst im Falle einer Verurteilung erwartete der Bundesgerichtshof nur eine niedrige Strafe. Der Anklage zufolge gibt es zwar keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Verena Becker persönlich am Tatort beteiligt war, sie soll jedoch eine „maßgebliche Rolle“ bei der Organisation eingenommen haben und sei daher als „Mittäterin“ anzusehen.

Seit April 2008 ermittelt die Bundesanwaltschaft. Im Jahr 2009 fanden sich nach neuen Untersuchungen an den Briefumschlägen der damaligen RAF-Bekennerschreiben DNA-Spuren von Becker. Sie wurde im August 2009 in Berlin verhaftet und kam vorübergehend in Untersuchungshaft. Becker lebt seit fast 20 Jahren im Haus ihrer Schwester in Berlin und ist seit fünf Jahren befristet berentet.

Michael Buback, der Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts, wird in dem Prozess als Nebenkläger auftreten. Er soll den Frankfurter Strafverteidiger Ulrich Endres mit seiner Vertretung beauftragt haben. Endres wurde 2002 als Verteidiger des Kindesmörders Magnus Gäfgen bundesweit bekannt. Auch die Witwe des Generalbundesanwalts, Inge Buback (90), wird als Nebenklägerin vertreten sein.

Beckers Anwalt, Walter Venedey aus Berlin, will einen Freispruch erreichen. Die vorgetragenen Indizien, sagt er, belegten den Vorwurf einer Mittäterschaft nicht.

Eine wichtige Rolle in dem anstehenden Verfahren dürften die Akten spielen, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) im Rahmen der Ermittlungen den Bundesanwälten aus den geheimen Beständen des Verfassungsschutzes zukommen ließ. Anfang der achtziger Jahre, nach vier Jahren in Haft, vertraute sich Becker dem Verfassungsschutz an, verriet auch einiges über das Innenleben der RAF und das Attentat auf den obersten Staatsanwalt. Beckers Initiative folgte einem schwer nachvollziehbaren Kalkül. Die in Köln einsitzende Frau wurde mehr als zwei Wochen vernommen. Die Inhaftierte will nur das berichtet haben, von dem sie vermutete, dass es den Geheimen ohnehin bekannt war. Als „Honorar“ spekulierte sie auf vorzeitige Haftentlassung, um dann den bewaffneten Kampf wiederaufzunehmen. Dazu kam es aber nicht. Becker wurde erst 1989 begnadigt. WOLFGANG GAST

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