: Montenegro
■ Ein neuer Krisenherd?
„Wir alle haben eine Niederlage erlitten“, erklärte der Präsident der kleineren der beiden jugoslawischen Teilrepubliken, Montenegro, Milo Djukanovic.
Mit Sorge beobachtet man nun, wohin sich die Truppen aus dem Kosovo zurückziehen werden. Viele Einheiten der Armee und der Polizei werden jetzt frei und könnten nach Montenegro kommen. Dorthin nämlich, wo gegen die Regierung in Belgrad seit langem rebelliert wird. Obwohl für außen- und verteidigungspolitische Fragen die Föderation zuständig ist, wurde die Führung Montenegros auf keine Weise in die Verhandlungen über den Frieden einbezogen.
Die Sonntagsausgabe der Tageszeitung Vijesti vermerkte auf der ersten Seite, zwar dürften sich Armee-Einheiten über Montenegro nach Serbien zurückziehen, aber laut Abkommen mit der Nato nicht dort bleiben.
Schon jetzt sind viel zu viele Soldaten im kleinen Bergland. Immer wieder kommt es zu Konflikten zwischen der Armee und der montenegrinischen Polizei. Die Armee ist viel besser bewaffnet, die Polizisten sind jedoch höher motiviert und gut bezahlt.
Die Militärpolizei verhaftet vermeintliche Deserteure. Ein Haftbefehl wurde wegen Wehrkraftzersetzung sogar gegen den Vizepräsidenten der Regierung, Novak Kilibarda, ausgestellt, so daß er starken Polizeischutz braucht, obwohl er laut Gesetz Immunität genießt.
Lange kann dieser Zustand nicht so fortgeführt werden, denn praktisch erkennt Montenegro die Bundesregierung und die Bundesgesetze nicht an. Belgrad aber fürchtet eine Sezession des Landes und würde damit den Zugang zur Adria verlieren. Ein neuer Krisenherd könnte hier entstehen. Andrej Ivanji
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