Montaseri-Beerdigung im Iran: Trauerzug wird Massenprotest

Hunderttausende kommen zum Begräbnis von Großayatollah Hossein Ali Montaseri nach Ghom und nutzen die Trauerfeier, um gegen die Führung in Teheran zu demonstrieren.

Die Demonstranten skandierten: "Montaseri, wir setzen deinen Weg fort, selbst wenn es vom Himmel Bomben hagelt" Bild: dpa

KAIRO taz | Hunderttausende Anhänger haben am Montag an der Beisetzung des am Sonntag gestorbenen Großajatollahs Hossein Ali Montaseri teilgenommen. Der iranischen Opposition gelang es, die Zeremonie in Ghom in eine große Demonstration gegen die Führung in Teheran zu verwandeln. Es kam zu schweren Auseinandersetzungen mit Revolutionswächtern und den Basidsch-Milizen.

Großajatollah Montaseri galt nicht nur in religiösen Kreisen als die große Autorität im schiitischen Islam. Sein politisches Engagement und sein offener Widerstand gegen die herrschende Macht hatten ihn zu einer Leitfigur der Opposition gemacht. Nach dem Ausbruch der Proteste gegen die umstrittene Präsidentenwahl im Juni und das brutale Vorgehen gegen die Opposition hatte Montaseri dem Regime die Legitimation abgesprochen und dabei in einer Fatwa die Absetzung des Revolutionsführers Ali Chamenei zur religiösen Pflicht eines jeden Gläubigen erklärt.

Nachdem der Tod von Montaseri bekannt wurde, erklärten am Sonntag die Wortführer der oppositionellen "Grünen Bewegung der Hoffnung", Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karrubi, den Montag zum nationalen Trauertag und riefen die Bevölkerung auf, an der Trauerfeier in der heiligen Stadt Ghom teilzunehmen.

Bereits in den Morgenstunden strömten Hunderttausende nach Ghom. Ein großes Aufgebot an Polizei und Basidsch-Milizen versuchte die Reisenden unter Kontrolle zu halten. Augenzeugen berichteten von Festnahmen auf der Straße von Teheran nach Ghom. Reisende wurden aus Bussen herausgeholt und abgeführt. Ausländischen Journalisten wurde verboten, an der Trauerfeier teilzunehmen.

An der Beisetzung nahmen neben zahlreichen geistlichen Würdenträgern und namhaften Politikern auch Mussawi und Karrubi teil. Selbst Revolutionsführer Ali Chamenei fühlte sich offenbar verpflichtet, ein Beileidstelegramm an die Familie des Verstorbenen zu schicken. Montaseri sei ein herausragender Geistlicher und Lehrer gewesen, der lange Jahre Ajatollah Chomeini gedient habe, schrieb Chamenei. Er konnte sich aber nicht verkneifen hinzuzufügen, dass Montaseri "in der letzten Phase von Chomeinis Leben einer schweren und gefahrvollen Prüfung ausgesetzt wurde", die er nicht bestand. Montaseri, der von Chomeini zu seinem Nachfolger ernannt worden war, fiel kurz vor dem Tod des Revolutionsführers in Ungnade, weil er die Massenhinrichtungen kritisierte.

Unter den Hunderttausenden, die den Sarg begleiteten, trugen die meisten grüne Schals, Kopftücher oder Armbinden. Nach der Beisetzungszeremonie verwandelte sich die Versammlung der Trauernden in eine Protestdemonstration. Sprechchöre ertönten: "Nieder mit der Diktatur", "Montaseri, wir setzen deinen Weg fort, selbst wenn es vom Himmel Bomben hagelt".

Auch Parolen gegen Revolutionsführer Chamenei und Präsident Mahmut Ahmadinedschad wurden laut. Die Basidsch-Milizen versuchten mit großen Lautsprechern und Megafonen die Rufe der Demonstranten zu übertönen. Einige Milizen verteilten Flugblätter, in denen Montaseri als Verräter und Abtrünniger bezeichnet wurde. Andere riefen Parolen zugunsten Chameneis und Ahmadinedschads. Es kam zu Zusammenstößen und Festnahmen. Die Polizei riegelte die wichtigsten Plätze ab.

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