■ Moneta: Pessimist muss?
„Der Pessimist ist der einzige Mist, auf dem nichts wächst“ – dieses Zitat vom New Yorker Fondsmanager Heiko Thieme hat lange nicht mehr solche Relevanz gehabt wie in den letzten Wochen. Der Pessimismus ist wieder salonfähig geworden. Und er sät Zweifel, Misstrauen, Angst und Ohnmacht. Nur keine Kreativität. Keinen Mut. Keine Handlungsbereitschaft.
Dass Europa in dieser Dekade zur Konjunkturlokomotive für den Rest der Welt werden würde, konnten ohnehin nur Träumer erwarten. Nun haben wir es amtlich: Ausgerechnet Deutschland bildet das ruhmreiche Schlusslicht. Abpfiff.
Amerika dagegen, in Schutt und Asche geredet, verblüfft die Zunft der Analysten und Volkswirte mit unerwartet hohem Verbrauchervertrauen. Haben wir richtig gehört, gelesen? Vertrauen? Haben die Amerikaner immer noch nicht kapiert, wie schlecht es um ihre Zukunft bestellt ist? Kommen nicht täglich Gewinnwarnungen von den Unternehmen? Beweist sich hier wieder einmal die sprichwörtliche Naivität der Amerikaner? Sehen die nicht die Gefahr, die von ihrem Optimismus ausgeht? Was, wenn der amerikanische Notenbankchef Alan Greenspan nun die sechste Zinssenkung ausfallen lässt, weil er sie nicht mehr für nötig hält? Oder, man stelle sich vor, er senkt sie doch! Er weiß vielleicht nicht, welche Inflationsgefahr er da heraufbeschwört? Und überhaupt, die Amis werden ja langsam alt. Dann wollen sie kein Geld in Aktien mehr haben.
Mein Bild von den USA sieht anders aus: Die Inflation geht zurück, die Unternehmensergebnisse überraschen in den nächsten Monaten positiv, die Wirtschaft zieht wieder an, der Dollar bleibt stark, die Zinsen werden ein siebtes mal gesenkt, die Aktienmärkte erholen sich.
Es liegt in der Natur der Sache: Wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Tag nicht zu sehen. Aber bis jetzt ist noch immer wieder Tag geworden. Und darauf sollte man vorbereitet sein, sprich investieren. Wenn der Optimist wieder Recht behält, kann er sich dafür was kaufen. Der Pessimist nicht.
Susanne Kazemieh
Die Kolumnistin ist Finanzmaklerin und Gründerin der FrauenFinanzGruppe, Schrammsweg 15, 20249 HH, Tel.: 4607 3337, eMail: Info§FrauenFinanzGruppe.de
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