: Mörderischer Genuss
Karens KochKunst – die Serie der taz hamburg für GenießerInnen. Teil 17: Von Messern im Brot und anderen Arten, zu töten ■ Von Karen Schulz
Die Küche ist ein brutaler Ort: Hier wird gehackt und zerschnitten, Fische werden geköpft und Tiere auseinander genommen. Dabei kann man schon mal auf böse Gedanken kommen, wenn beispielsweise der Verkäufer im Supermarkt mal wieder unfreundlich ist oder die Nachbarin nervt.
29 Möglichkeiten, kulinarisch um sich zu schlagen, führt die bitterböse Sammlung Mord zwischen Messer und Gabel vor. Gift im Essen ist die naheliegendste, doch die AutorInnen haben weitere Küchenmorde ersonnen: Da wird die Mordwaffe – ein Brotmesser – im Brotteig entsorgt und gebacken. Die Rezepte am Ende jeder Erzählung, sollen zum Nachkochen der meist tödlichen Speisen anregen – allerdings ohne mordende Zutaten.
Weniger blutrünstig geht es in Iss Was zu: Die Erzählungen drehen sich ebenfalls ums Essen. Von kulinarischen Kindheitserinnerungen bis hin zum vorgezogenen Leichenschmaus mit dem noch recht lebendigen Großvater werden hier die Skurrilitäten des Lebens verhandelt, die so oft mit dem Essensgenuss verknüpft sind.
Das Genießen ist eine menschliche Eigenschaft – die auch als Gegengewicht zum Bösen fungieren kann. Nicht umsonst suchen die beiden Krimihelden Maigret und Carvalho während ihrer Mordfälle immer wieder Zuflucht beim Essen: Simenon und Maigret bitten zu Tisch, eine Rezeptsammlung zu den Speisen in Maigret-Krimis ist die Hommage eines Freundes an den großen Simenon. Und auch im neuesten Carvalho-Krimi Undercover in Madrid nimmt das Kulinarische die geheime Hauptrolle ein.
In der Londoner Gastroszene spielt Mord à la maison. Dieser besondere Leckerbissen für Feinschmecker wartet mit vielen Details zu Weinen und ausgefallenen Gerichten auf: Zwei rivalisierenden Gourmetrestaurants unterlaufen ständig Missgeschicke, die ihren Ruf schädigen. Beide Inhaber bitten deshalb den „Gourmetdetektiv“, der eigentlich auf das Auffinden ungewöhnlicher Zutaten oder Rezepte spezialisiert ist, um Hilfe. Etwas schlichter, dafür jedoch sehr witzig sind die Fachsimpeleien in Das Spaghetti-Komplott: Hier sucht Gourmetkritikerin Angie Amalfi nach einem neuen Geheimtip der Gastroszene San Franciscos und entgeht im Keller ihres bevorzugten Restaurants nur knapp einem Mordanschlag.
Ein Geheimtip ist Wasser zu Wein, das von einem Weinskandal in einem Winzerdorf am Rhein erzählt: Mehrere Weinkritiker sterben oder werden bedroht – was dahinter steckt, wird auf 300 spannenden Seiten erzählt.
So viele Worte über Essen machen hungrig: Das nebenstehende Rezept für Schoko-Cookies sorgt für Magen- und Nervennahrung während der Lektüre.
Mord zwischen Messer und Gabel, Andrea C. Busch (Hg.), Gerstenberg, 319 Seiten, 39,80 Mark;
Iss was, Tanja Rauch (Hg.), Verlag Kiepenheuer & Witsch, 221 S., 18,90 Mark;
Robert J. Courtine: Simenon und Maigret bitten zu Tisch, Diogenes, 218 S., 16,90 Mark;
Manuel Vazquez Montalban: Undercover in Madrid, Rororo Verlag, 288 S., 12,90 Mark;
Peter King: Mord à la maison, Knaur, 378 S., 14,90 Mark;
Joanne Pence: Das Spaghetti-Komplott, Ullstein Verlag, 285 S., 14,90 Mark;
Anne Chaplet: Wasser zu Wein, Kunstmann, 309 S., 39,80 Mark.
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