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Möbelmesse: Weg vom Tropenholz

■ Bundesrepublikanische Möbelindustrie im Aufwind / Am Sonntag Aktion von „Robin Wood“ erwartet

Berlin (dpa/taz) – Fünf Jahre lang fiel die Zuteilung „Aus deutschen Landen – frisch auf den Tisch“ für Holzwürmer mickrig aus. Lange beklagte die deutsche Möbelindustrie absatzschwache Jahre. Jetzt aber hat sich das Blatt gewendet.

Unter optimistischen Erwartungen der deutschen Möbelbranche für 1988 ist dann auch am Dienstag in Köln die Internationale Möbelmesse eröffnet worden. Sechs Tage lang stellen 1.500 Firmen aus 35 Ländern ein breites Angebot aus – vom traditionellen Stilmöbel bis zu postmodernen Entwürfen, wobei – so behaupten die Presseagenturen – ein einheitlicher neuer Trend nicht zu erkennen ist.

Die Möbelwirtschaft in der Bundesrepublik, die 1987 ihre Umsätze um fünf bis sechs Prozent steigern konnte, rechnet für 1988 ebenfalls mit einem guten Möbeljahr. Erich Naumann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie, berichtete vor der Messeeröffnung, daß die Möbelindustrie auch nach Weihnachten „ausgezeichnete Geschäfte“ getätigt habe. Naumann sprach von den „besten Möbeltagen seit langer Zeit“. Die Branche sei zuversichtlich, „die 5,7 Prozent, die wir 1987 zugelegt haben, 1988 mindestens erreichen zu können.“

Am kommenden Sonntag ist die Messe erstmals auch dem allgemeinen Publikum geöffnet, vorher bleibt sie Fachbesuchern vorbehalten.

An diesem „Tag der offenen Tür“ – werbewirksam ist es auch gleich der „Welttag des Wohnens“ – rechnet Erich Naumann nicht nur mit vielen Schaulustigen, sondern auch einer speziellen Besuchergruppe. Ein Protest der Gruppe „Robin Wood“ wird erwartet. Gerüchte hierüber sind schon vor der taz-Anfrage bekannt geworden. Als Quelle nennt Naumann das auf der Messe reichlich vertretene studentische Standpersonal. Das Anliegen von Robin Wood, den Zusammenhang von Tropenholzverbrauch und Vernichtung der Regenwälder aufzuzeigen, betont der Verbandsfunktionär, „ist höchst legitim“.

Wem es um den Schutz der tropischen Regenwälder ginge, der müsse allerdings mit der Möbelmesse hoch zufrieden sein, meint Naumann weiter. Denn der Modetrend geht derzeit eindeutig in Richtung auf helle Hölzer wie Eiche, Esche, Kirsche, Buche und Pinie – alles Hölzer aus nördlicheren Breiten. Dieser Trend ist es denn auch, der den tropischen Hölzern wie Mahagoni, Palisander und Teak ein Minus-Wachstum beschert hätte – sehr zum Kummer etwa brasilianischer Messebesucher aus dem Lieferantenlager. Naumann rechnet vor, daß der Möbelholzanteil zwischen nördlichen Hölzern und Tropenholz, der 1970 jeweils 50 Prozent betrug, heute radikal verändert ist. Nur noch zu drei Prozent sind die Regenwaldhölzer Ausgangsmaterial des Möbelsortiments. Diese Entwicklung sei aber weder auf Aktivitäten von Robin Wood noch auf die Einsicht von Möbelindustrie oder gar Lieferländern zurückzuführen. Es handele sich um eine reine Modeerscheinung.

Und so etwas kann ja bekanntlich fixen Trendwenden unterworfen sein. Wenn uns nach dem Revival der fünfziger als nächste Welle die Neuauflage der sechziger Jahre ins Haus stehen sollte, dürfte Teak vom Regal- bis zum Frühstücksbrett wieder angesagt sein. Gute Gründe, das politische Thema Tropenholzverbrauch nicht von Modetrends abhängig zu machen. Georgia Tornow

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