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Modefotograf über Laien-Models"Der Hals sitzt zu tief"

Die "Brigitte" will keine Magermodels mehr zeigen, sondern richtige Frauen mit Kurven. Das könnte ein Erfolg werden, sagt Modefotograf Flemm.

Ex-Mager-Model Crystal Renn (hier bei einer Modenschau mit Jean-Paul Gaultier) hat mittlerweile Größe 42 – und Erfolg. Bild: ap
Interview von Franziska Langhammer

taz: Herr Flemm, die Zeitschrift Brigitte will bald nur noch Laienmodels zeigen. Ein Albtraum als Fotograf?

Daniel Flemm: Nein. Natürlich muss man sich erst einmal hinsetzen, erklären, was passiert, und so den Frauen die Angst nehmen. Das kann schon Mühe und Zeit kosten. Dabei kann aber ein durchaus tolles Ergebnis herauskommen.

Und welche Schwierigkeiten könnten sich für Ihre Arbeit ergeben?

Natürlich hat man mehr Ausschuss. Da ist schon mal ein Auge zu oder der Hals sitzt zu tief.

Größter Fehler, den man vor der Kamera machen kann?

ZUR PERSON

Daniel Flemm, 27, arbeitet seit fünf Jahren als Modefotograf. Er hat in Köln studiert und war selbst Model. Heute fotografiert er unter anderem für die Magazine American Photo, Rich und Living Q.

Wenn man nicht bei der Sache ist, wenn man sich unwohl fühlt. Das sieht man auf den Bildern. Man sollte sich schon identifizieren mit der Mode, die man präsentiert.

Bringt ein Shooting mit Laienmodels auch Vorteile?

Professionelle Models haben ihre Posen, die sie nacheinander abspielen. Eine "normale" Frau bewegt sich ganz anders vor der Kamera. So lässt sich vielleicht sogar eine intimere Atmosphäre herstellen.

Brigitte wendet sich mit der Aktion gegen den Hype um extrem dünne Models. Hat sich der Magerwahn in letzter Zeit verschärft?

Nein. Meiner Meinung nach sind die Models so dünn wie schon vor fünf Jahren. Die Medien suchen sich natürlich immer Extrembeispiele. Da passt es schon mal gut ins Bild, wenn ein Model auf dem Laufsteg umkippt.

Warum sind denn Models überhaupt so dünn? Wünschen das die Auftraggeber oder die Agenturen?

Die Models werden ganz klar vom Kunden ausgesucht. Da wird oft eine Illusion von perfekten Maßen hervorgerufen. Man braucht schon einen gewissen Abstand, um sich nicht in das Ideal hineinzusteigern.

Sehen Sie eine Zukunft für die Brigitte-Aktion?

Das Arbeiten mit Laienmodels könnte zum Aushängeschild der Zeitschrift werden. Wenn das Ergebnis schön ist, ist das sicher eine tolle Ausbeute.

Könnte Brigitte damit zum Trendsetter werden?

Das glaube ich nicht. Die Vogue zum Beispiel lebt von High Fashion. Die Aktion passt zur Brigitte. Sie ist sowieso ausgesprochen natürlich und forciert damit ihren Stil.

Die Kosmetikfirma Dove wirbt auch mit Laienmodels. Wie finden Sie das?

Super, das ist ist mal was anderes. Vor Kurzem hatte ich ein Shooting mit fülligeren Models. Das Ergebnis ist beim Kunden toll angekommen.

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1 Kommentar

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  • A
    anke

    Der marktkapitalistischen Logik folgend bedeutet "Perfektion" die maximale Annäherung an das (in diesem Fall minimal) Machbare. In sofern ist die Modeindustrie eine wie alle anderen. Und was die Models angeht – die sind nie etwas anders gewesen als die (durchaus entwicklungsfähigen aber doch mundtoten) Produktionsmittel ihrer "Arbeitgeber". Der "gewisse Abstand" jedenfalls, den er und seine Kollegen nach Ansicht des Herrn Flemm brauchen, wenn sie sich nicht in das "Ideal hineinsteigern" wollen, ist nichts anderes als der mit guter Miene ertragene, mehr oder weniger große Abstand zum Siegertreppchen. Der obenauf thronende Erstplatzierte deklariert seinen ganz persönlichen Erfolg, sich dem Minimum maximal möglich angenähert zu haben, dessen ungeachtet weiter als "High Fashion". Wer dumm genug ist, glaubt ihm. Wenn nun die Brigitte behauptet, ihr Stil wäre "sowieso ausgesprochen natürlich" liegt das vermutlich weniger an einer übersteigerten Neigung zum Aufklärer Rousseau, als vielmehr daran, dass sich Gruner + Jahr das Wildern in den Gefilden der Vogue nicht (mehr) zutrauen. Ihren Models kann das natürlich egal sein. Und den Brigitte-Leserinnen erst recht.