Mobbingvorwürfe bei Stiftung Organspende: Einschüchtern, selbstbedienen
In einem Brief kritisieren Mitarbeiter der Deutschen Stiftung Organspende ihre Chefs. Viele Mitarbeiter würden eingeschüchtert und in ständiger Angst leben.
BERLIN taz | Schwere Vorwürfe gegen den Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO): In einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sowie die Mitglieder des Gesundheitsausschusses im Bundestag bescheinigen DSO-Mitarbeiter ihren Chefs einen "Führungsstil nach Gutsherrenart".
Bei kritischen Äußerungen würden "Abmahnungen oder fristlose Kündigungen ausgesprochen", heißt es in dem Schreiben, das den Gesundheitspolitikern aller Fraktionen per E-Mail am 7. Oktober zuging und das der taz vorliegt.
"Ein Großteil der Mitarbeiter lebt in ständiger Angst", schreiben die Autoren. Viele würden "regelmäßig vom Vorstand eingeschüchtert", derweil "durch Vetternwirtschaft und Selbstbedienungsmentalität" seitens des Vorstands "Krankenkassengelder missbraucht" würden. Dies alles habe Auswirkungen auf die Spenderzahlen in Deutschland, die mit 16 Organspenden pro eine Million Einwohner weit unter dem europäischen Mittel rangieren.
Anstatt sich um die ureigene Aufgabe zu kümmern - die Spenderquote zu erhöhen und hierzu den Kontakt zu den Krankenhäusern zu pflegen -, kümmere sich der Vorstand bevorzugt um ein ebenso ineffizientes wie millionenschweres hausinternes Koordinationsprojekt.
Die Vorwürfe sind brisant. Denn die geplante Reform des Transplantationsgesetzes stellt das Monopol der DSO als einziger Organspende-Koordinierungsstelle in Frage. Weder die DSO-Zentrale in Frankfurt noch die Vorstände Günter Kirste und Thomas Beck waren bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme zu erreichen.
Die DSO ist bundesweit verantwortlich für die Vorbereitung und Durchführung der Organspende. Ihre Finanzierung erfolgt durch ein Budget, das die DSO mit den gesetzlichen Krankenkassen aushandelt. Dieses richtet sich nach der zu erwartenden Anzahl der transplantierten Organe. Den beteiligten Krankenhäusern vergütet die DSO den entstehenden Aufwand in Form von Pauschalen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss