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Mittelalter-Experte Borgolte über die Vielfalt"Der Islam gehörte immer zu Europa"

Die gegenwärtige Einwanderung von Muslimen stellt den historischen Normalfall wieder her: Seit der Spätantike gab es in Europa religiöse Pluralität. Ein Gespräch mit dem Historiker Michael Borgolte

"Tief ins europäische Bewusstsein eingeprägt": Sturm auf die Löwelbastei während der zweiten Belagerung Wiens durch die Türken 1683. Bild: archiv

taz: Herr Borgolte, erregt wird immer wieder über den Islam und den Bau von Moscheen debattiert. Was sagt ein Experte für das Mittelalter dazu?

Michael Borgolte: Er freut sich. Der mittelalterlichen Historie lag die religiöse Problematik schon immer näher als der neueren Geschichte. Allerdings waren wir traditionell sehr stark auf das katholische Christentum beschränkt. Das ändert sich gerade. Durch das Interesse der Gegenwart rückt auch der Islam in den Fokus.

In Ihrem Buch beschreiben Sie das Mittelalter als Epoche der gleichzeitigen Ausbreitung von Christentum, Islam und Judentum. War Europa damals bunter als heute?

Es war zumindest genauso vielfältig. Das Christentum hat zwar den stärksten Effekt auf die europäische Kultur ausgeübt, aber Judentum und Islam waren ebenfalls sehr einflussreich.

Der Islam war mehr als ein Störfaktor?

Er gehörte schon immer zur europäischen Kultur. Sicherlich war er eine Herausforderung, weil er zunächst als erobernde Religion auftrat. Aber er hat sich dann in verschiedenen Teilen des Kontinents festgesetzt und den Transfer antiken Wissens entscheidend beeinflusst.

Im Mittelalter waren Spanien und Sizilien muslimisch, in der Neuzeit dann der Balkan. Ein Europa ohne den Islam als Machtfaktor - wie seit dem Ersten Weltkrieg - ist also die Ausnahme?

Der Normalfall ist die Pluralität der Religionen. Seit dem Ausgang der Spätantike hat es im europäischen Mittelalter immer mehrere Kulturen gleichzeitig gegeben, die auf religiösen Fundamenten beruht haben. Die Rückkehr des Islam nach Europa, diesmal durch friedliche Einwanderung, ist die Wiederherstellung dieses Normalfalls.

Warum hat man das so lange verdrängt?

Weil das Vordringen des Islam mit traumatischen Ereignissen verbunden wird. Der Fall von Konstantinopel oder die Belagerung von Wien haben sich tief ins europäische Bewusstsein eingeprägt, ebenso die frühe Bedrohung im 8. Jahrhundert.

Kann die Konfliktlinie bereits so früh religiös gesehen werden?

Als Verlust von Freiheit wurde die muslimische Invasion in Spanien durchaus empfunden. Aber die Idee des religiösen Konflikts haben erst französische Kreuzfahrer im 11. Jahrhundert dorthin getragen. Er stand zunächst nicht im Vordergrund, zumal die Christen in ihrer Religionsausübung unbehelligt blieben.

Es wäre für die Westgoten in Spanien also kaum anders gewesen, wenn die Eroberer christliche Franken gewesen wären?

Etwas überspitzt: Ja. Auch wenn die Westgoten zu diesem Zeitpunkt noch Arianer waren und die Franken schon lange Katholiken. Mein Eindruck ist sogar, dass christliche Häretiker schärfer bekämpft wurden als Muslime und Juden. Die Abgefallenen des eigenen Glaubens galten als todeswürdig, während es zwischen Juden, Christen und Muslimen durchaus Mechanismen der Duldung gab. Mit dem Christentum alleine wäre die Entwicklung der Toleranz in Europa vielleicht unmöglich gewesen. Den anderen billigte man zu, dass sie es aufgrund mangelnder religiöser Einsicht nicht besser wissen konnten. Das Bekenntnis zur eigenen Religion galt dagegen als irreversibel.

Wann war es mit der religiösen Toleranz vorbei?

Das Verhältnis der drei monotheistischen Religionen war immer ambivalent. Die Konflikte nahmen mit den Kreuzzügen an Intensität zu. Die Verfolgungen von Juden und Muslimen hörten dann bis zum Ende des Mittelalters nicht mehr auf. Im Hochmittelalter entstanden in Westeuropa zentralisierende Staaten, jede religiöse Abweichung schien diesen Prozess zu bedrohen. In einem etablierten Zentralstaat wie Byzanz war das anders. Dort konnte man Andersgläubige in den Provinzen dulden, solange die Hauptstadt von ihnen frei war.

Religiöser Fundamentalismus ist also ein Phänomen relativ entwickelter Gesellschaften?

Wenn Sie darunter Gesellschaften mit hoher staatlicher Verdichtung verstehen, dann ist das so. Wo die Menschen wie im Frühmittelalter dezentral lebten und die Kommunikation schwach war, gab es solche radikalen Ansätze nicht.

Sie behaupten eine Verbindung zwischen Monotheismus und monarchischer Staatsform. Nun gab es aber im polytheistischen Altertum schon Monarchien und zumindest im späten Mittelalter auch Republiken.

Der Islam beispielsweise hat keine politische Theorie ausgebildet. Der Kalif in Bagdad galt zwar als geistlich-weltliches Oberhaupt, er hat aber keine exklusiv politische Herrschaft ausgeübt. Mit der monarchischen Gewalt im Westen war das nicht zu vergleichen.

Aber das heißt dann doch, dass die Verbindung von Politik und Religion im Christentum enger war als im Islam?

Gerade nicht. Die christlichen Monarchen haben von Anfang an zwischen der Gewalt des Bischofs und der Gewalt des Königs zu unterscheiden gewusst. Das gab auch den Herrschern Freiräume, die Herrscher im islamischen Bereich prinzipiell nicht hatten - auch wenn sie solche Freiheiten faktisch oft in Anspruch nahmen.

Sie schreiben, dass sich die Politik in Andalusien relativ stark vom Kalifat entfernte. In den deutschen Fürstbistümern dagegen konnte von einer Trennung zwischen Kirche und Staat naturgemäß nicht die Rede sein?

In Andalusien gab es in der Tat einen Prozess der politischen Auffächerung. Aber anders als im Westen wurden diese Erscheinungen nicht theoretisch durchdrungen und offiziell gebilligt. Erst Atatürk hat die Abschaffung des Kalifats programmatisch vollzogen.

Das Verhältnis von Politik und Religion ist nicht kulturell festgelegt, es kann sich unterschiedlich entwickeln?

Es wird heute viel über die Modernisierung des Islam diskutiert, als eine Art nachgeholter Aufklärung. Ich halte es nicht für klug, darauf zu setzen. Die prinzipiellen Gegensätze zwischen christlich und muslimisch geprägten politischen Systemen muss man zur Kenntnis nehmen. Die mittelalterliche Geschichte zeigt aber, dass ein Modus Vivendi möglich ist.

Im Mittelalter lebte der überwiegende Teil der Juden im muslimischen Einflussbereich. Ist der islamische Antisemitismus ein Phänomen des 20. Jahrhunderts?

Von Antisemitismus sollte man nicht sprechen, weil die rassistische Komponente fehlte. Antijudaismus gab es zweifellos. Im muslimischen Spanien erschien das Phänomen erstmals im 11. Jahrhundert, als Juden in die Spitze der Verwaltung aufstiegen - und damit die Vorschrift des Koran verletzten, dass über Muslime keine Nichtmuslime herrschen dürften. Insgesamt standen die Juden den Muslimen aber näher als den Christen.

Warum war der Antijudaismus bei den Christen stärker ausgeprägt?

Auch hier gab es eine starke Tradition der Duldungsbereitschaft. Die Juden galten als Bewahrer des Alten Testaments. Bei den Judenpogromen am Mittelrhein waren es die Bischöfe, die die Juden vor dem christlichen Mob schützen wollten. Es gab seit dem 12. Jahrhundert immer beides, die Judenverfolgungen wie den Judenschutz. Die Kirche hat nie an dem Grundsatz rütteln lassen, dass Juden nicht getötet werden dürfen.

Für kurze Zeit ist nördlich des Schwarzen Meeres sogar ein jüdischer Staat entstanden: das Reich der Chasaren. Wie kam es dazu?

Um dem Aufsaugen durch die Nachbarn zu entgehen, hat die Führungsschicht bewusst eine andere Glaubensentscheidung getroffen. Die Bevölkerungsmehrheit blieb aber muslimisch oder christlich. Es gibt aus dem 10. Jahrhundert den wunderbaren Brief eines jüdischen Politikers aus Spanien an den Fürsten der Chasaren. Darin spricht er voller Faszination davon, dass die Juden jetzt endlich wieder einen eigenen Staat haben - fast tausend Jahre nach dessen Zerstörung durch die Römer.

Als einer der ersten Autoren konstruierte Enea Silvio Piccolomini, der spätere Papst Pius II., im 15. Jahrhundert einen Gegensatz zwischen Europa und dem Islam. Woraus speiste sich dieses Bedürfnis nach Abgrenzung?

Er brachte die aus seiner Sicht überraschende Feststellung zum Ausdruck, dass Konstantinopel zum christlichen Europa gehört hatte. Das bemerkten die Intellektuellen in Westeuropa erst nach der Eroberung durch die Osmanen, als es schon zu spät war. Es gab sogar Befürchtungen, dass Rom in die Hände der Muslime fallen würde.

Wo lag im Mittelalter die Grenze Europas?

Die Frage nach einer festen Außengrenze hat sich in der Geschichte nie gestellt. Was wir heute bei Debatten wie die um die EU-Erweiterung erleben, ist ein absolutes Novum und wird dem europäischen Geschichtsverlauf nicht gerecht.

INTERVIEW: RALPH BOLLMANN

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14 Kommentare

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  • SR
    Sebastian Roebert

    @Franco

     

    "Zunächst mal haben Sie alle zu Muslimen gemacht bzw. Verweigerer nen Kopf kürzer (siehe Kosovo)."

     

    Diese Behauptung stimmt einfach nicht. Das Zusammenleben zwischen den Religionen war im islamischen Herrschaftsbereich natürlich nicht konfliktfrei und völlig ohne Zwang. Eine derartige Aggressivität, wie Sie sie unterstellen, ist eher auf Seiten der Christen zu suchen. Nur mal ein Beispiel: die Mehrzahl der Sephardim ist nach der Vertreibung von 1492 aus Spanien in das Osmanische Reich gegangen. Und eine derartige Politik nach dem Motto "Konversion oder Ausweisung" hat es auf islamischer Seite nicht so gegeben.

     

    "Der Versuch ist dann wohl i. d. R. ziemlich missglückt (siehe Nordafrika, Balkan)."

     

    Moderner Blickwinkel auf mittelalterliche Verhältnisse, der ziemlich schief liegt. Betrachtet man den Austausch von Wissen im Mittelalter, ist eindeutig der islamische Kulturkreis die gebende Seite.

  • F
    Franco

    @elcommandante

     

    "Doch die Osmanen haben die Länder die sie erobert haben nicht ausgebeutet wie es die Christen taten."

     

    Zunächst mal haben Sie alle zu Muslimen gemacht bzw. Verweigerer nen Kopf kürzer (siehe Kosovo).

     

    "Im Gegenteil. Sie haben versucht die Länder auf den gleichen technologischen Grad zu bekommen."

     

    Der Versuch ist dann wohl i. d. R. ziemlich missglückt (siehe Nordafrika, Balkan).

     

    "Wenn die Osmanen Andersgläubige getötet hätten, würde es heute keinen einzigen christlichen Serben, Bulgaren oder Rumänen geben."

     

    Ungefähr genauso logisch: Wenn die Kreuzritter Andersgläubige getötet hätten, dann würde es heute keinen einzigen Juden oder Muslim mehr geben.

     

    Zu Borgolte: political correctness rules!

  • E
    ElCommandante

    Herr Bogolte hat es sehr realitätsnah wiedergegeben.

    Ich sage nämlich nur eins.

    Wenn die Moslems im Osmanischen Reich so gewesen wären wie die Christen, müsste die heutige Türkei das reichste Land der Welt sein.

    Doch die Osmanen haben die Länder die sie erobert haben nicht ausgebeutet wie es die Christen taten.

    Im Gegenteil. Sie haben versucht die Länder auf den gleichen technologischen Grad zu bekommen.

     

    Hmm. Außerdem.

    Wenn die Osmanen Andersgläubige getötet hätten, würde es heute keinen einzigen christlichen Serben, Bulgaren oder Rumänen geben.

    Schonmal darüber nachgedacht?

     

    Solche Themen muss man unparteiisch erörtern!!!

  • WW
    Willi Wacker

    Ich habe da mal ein paar Fragen:

     

    1. Warum redet man von der Besetzung Andalusiens durch den Islam, aber nie von der Besetzung Gallienss durch die Franken/Merowinger? Alle großen Reiche sind letzendlich durch Eroberung entstanden, selbst die römische Republik. 700 Jahre sind ziemlich lange. Reconquista ist verkommt da zu Propaganda.

     

    2. Statt die einzelnen Religionsgruppen auf Toleranz zu überprüfen, sollte man überlegen, wo das Ende des finsteren Mittelalters stattgefunden hat und die Blüte ihren Ursprung nahm, nämlich an den Nahtstellen zum Islam, Nordspanien und Südfrankreich, und Sizilien.

     

    3. Auch der Islam profitierte von den kulturellen Errungenschaften von Byzanz, Sassaniden, etc.

     

    4. Das Ende der jeweiligen Blütezeiten war immer religiöse Intoleranz. Reconquista, Katharerkreuzzüge, Ende der Hauteville Dynastie in Sizilien, bzw. später Friedrich II. Die Fachleute mögen Beispiele aus dem Nahen Osten des 10 Jahrhunderts bringen.

     

    5. Die christliche Toleranz des Mittelalters wird an den Kreuzzügen deutlich. Gegen die Katharer hieß es "Tötet alle, Gott erkennt die seinen."

  • HM
    Heinz Müller

    Das die TAZ so einem "Experten" ein Sprachrohr liefert kann doch nur mit der Multikultidiktatur

    der Linken zu tun haben. Soll er uns den Islam als Tollerantes System schmackhaft machen den die pösen Kreuzritter angeriffen haben. Man trennt euch doch endlich von so einem Scheiss Es gibt im Islam kein Multikulti und die mehrzahl der Antisemiten von Heute kommen aus welcher Religionsgruppe ?

  • R
    Roland

    Hab selten so einen Unfug gelesen!

    Der Hang des Autors zur Verklärung der Geschichte und die Erdichtung eines toleranten Islam vergangener Zeiten entspringt wohl eher zeitgenössischen

    Doktrinen der "Political Correctness", als historischen Tatsachen! Eine Eselsbrücke für Esel: Intolerante Religionen bringen keine toleranten Gesellschaften hervor!

  • J
    Jens

    Sehr geehrter Herr Bogolte,

     

    fragen Sie mal einen Serben (am besten einen, der aus Kosovo und Metochien vertrieben wurde, vieleicht gerade noch "seine Haut retten" konnte) wie er das sieht!

    Es wird wieder nur auf (das ehem. katholische, heute kapitalistisch-materialistische) Westeuropa geschaut, das Schicksal der osteuropäischen Orthodoxie schlichtweg übergangen. Dabei hatten die Orthodoxen Christen bedeutend mehr unter dem Islam(ismus) zu leiden: 1389, 1453 usw. Und oft war es gerade der Westen, der seine östlichen Glaubensbrüder verraten hat und es heute noch tut (siehe aktuell Serbien).

    Hauptsächlich orthodoxe christliche Gotteshäuser wurden zu Moscheen gemacht (oder zerstört): das bekannteste Beispiel die "Kirche der heiligen Weisheit" zu Konstantinopel (Hagia Sophia), die ehemals größte Kirche der Christenheit. Und wer weiß, wie lange noch das Patriarchat von Pe?, die Klöster Visoki De?ani und Gra?anica, die Kirche der Muttergottes Ljevi?ka in Prizren als solche (und überhaupt) noch bestehen werden.

    Alle Handlungen des Westens waren schon seit Anfang der 90er Jahre gegen das christliche Serbien gerichtet. Und dafür wird der Islamismus offensichtlich in Kauf genommen. Hauptsache man hat den Serben nun endlich ihr Jerusalem (Kosovo und Metochien) weggenommen.

    Diese Verlogenheit des Westens widert mich einfach nur noch an.

    Möge Serbien standhalten und seine Würde bewahren. Vom großen Glauben der Serben zeugt der Bau einer Kirche in vergleichbaren Ausmaßen der Hagia Sophia: die Sava-Kirche zu Beograd.

  • CS
    Caroline Schneider

    Den Islam sollte der Historiker dem dafür zuständigen Fachmann - dem Orientalisten -überlassen. Da empfehle ich doch dringend das soeben im Oldenbourg-Verlag erschienene opus magnum von Tilman Nagel "Allahs Liebling" bzw. Mohammed - Leben und Legende" und zusätzlich "Allah und die Juden - Die Renaissance des Antisemitismus im Islam" von Hans-Peter Raddatz, www.wjs-verlag.de Den Fachfremden fehlen schlicht die Sprachkenntnisse zum Quellenstudium des Islams.

  • S
    Student

    Kann mich dem vorigen Kommentar nur anschließven, es ist wirklich ein befremdlicher Schnitzer für einen Mittelalterhistoriker, zu behaupten, die Westgoten wären zur Zeit der islamischen Eroberung noch Arianer gewesen. Den Rest des Interviews kann man auch getrost als die bekannte Instrumentalisierung von Geschichte zu linksliberalen Multikulturträumen abhaken. Aber wie das geht, hat Bollmann ja schon mit seinem Spätantikebuch gezeigt.

  • I
    Irene

    Herr Borgolte möge mir verzeihen, aber ich möchte hier keine mittelalterlichen Verhältnisse haben.

  • DW
    Dr. Wolf-Dieter Schleuning

    Übertritt der Westgoten zum Katholizismus: 587.

    Niederlage des Westgotenkönigs Roderich (Rodrigo)gegen Tarik bei Jerez de la Frontera: 711. Das gehört eigentlich zur Allgemeinbildung. Dieser "Mittelalterexperte" hat doch wirklich keinen Schimmer.

  • NW
    nichtsalsdie wahrheit

    "die Idealisierung frühmittelalterlicher Zustände hilft da wenig weiter, sondern läuft Gefahr, den Blick zu verkleistern."

     

    Danke für die Aufklärung.

    Viele Blicke sind bereits verkleistert...

  • MF
    Martin Fürnstein

    Anbei einige Fakten aus dem Geschichtsbuch, wie die religiöse Pluralität im Mittelalter wirklich aussah:

     

    710 n. Chr.: Mit der Eroberung der letzten christlichen Stadt Nordafrikas ist das gesamte ehemals christliche Nordafrika islamisiert. Fast alle der 400 christlichen Bistümer in Nordafrika gehen unter. Nordafrika war eine einstmals blühende christliche Welt, die bedeutende Theologen des christlichen Altertums hervorgebracht hat: Tertullian, Cyprian, Athanasius, Augustinus.

     

    720 n. Chr.: Die Araber erobern in Südfrankreich Narbonne und belagern Toulouse.

     

    845 n. Chr. die Muslime plündern Rom und verwüsten die Vorgängerkirche des heutigen Petersdoms.

     

    Un wie erging es den Bewohnern des oft romantisch verklärten Al Andalus wirklich?

     

    Die Unterworfenen durften keine Waffen tragen, sie waren wehrunfähig, somit keine vollwertigen Männer. Christen und Juden mußten besondere Farben oder Kleidungsstücke tragen, um als ?Dhimmi? kenntlich zu sein; sie durften nicht auf Pferden reiten, sondern nur auf Eseln, damit sie ständig an ihre Erniedrigung erinnert wurden; sie zahlten einen Tribut (Jizya), den sie persönlich entrichteten, wobei sie einen Schlag an den Kopf erhielten.

    Sie mußten sich von Muslimen schlagen lassen, ohne sich wehren zu dürfen; schlug ein ?Dhimmi? zurück, dann wurde ihm die Hand abgehackt, oder er wurde hingerichtet. Die Zeugenaussage eines ?Dhimmi? galt nicht gegen Muslime; diese brauchten für Vergehen an einem ?Dhimmi? nur halbe Strafe zu tragen; und wegen eines solchen Unterworfenen konnten sie nie hingerichtet werden. Umgekehrt waren grausamste Hinrichtungsarten überwiegend den ?Dhimmi? vorbehalten.

     

    Um das Zusammenleben im hier und jetzt zu regeln hilft es niemanden, die Geschichte zu verklären oder zurechtzubiegen. Dadurch wiederholt sie sich nur.

  • AT
    Andreas Thomsen

    Religiöse Pluralität im Zusammenhang mit muslimischen Einwohnern "gab" es zwar im Mittelalter "in Europa", aber immer nur in gewissen Regionen und keineswegs allgemein. Soweit bekannt, sind auch die mehrheitlich muslimischen Volksgruppen auf dem Balkan und der iberischen Halbinsel erst unter arabischer/maurischer bzw. osmanischer Okkupation zu dieser Religion bekehrt worden.

     

    Übrigens gab es ja auch rund ums Mittelmehr im Orient, in Ägypten und in Nordafrika große christliche Bevölkerungen, bevor diese Regionen für den Islam erorbert wurden. Insbesondere der kulturelle Gegensatz zwischen Morgenland/Orient und Abendland/Okzident war anfangs eher durch den Unterschied zwischen orthodoxem Christentum in Ostrom = Byzanz und im Orient und dem Katholizismus iin Westrom = Rom und im Okzident geprägt, als durch den Gegensatz zwischen Christentum und Islam.

     

    Eine Einwanderung und Ansiedelung von Millionen von Muslimen in West- und Mitteleuropa ist ein völlig neues Phänomen, und keineswegs die Wiederherstellung eines mittelalerlichen Zustandes.

     

    Hier einen "historischen Normalfall" zu postulieren ist wohl eher "Geschichtspolitik". Diese Feststellung hat nichts mit Fremdenfeindlichkeit oder Ablehnung von Einwanderern zu tun, sondern mit dem schlichten Respekt vor den Tatsachen.

     

    Den Weg zu einem friedlichen und produktiven Zusammenleben müssen wir schon selber finden - die Idealisierung frühmittelalterlicher Zustände hilft da wenig weiter, sondern läuft Gefahr, den Blick zu verkleistern.

     

    MfG

     

    A.