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Mitnahme-EffektSenatorin wackelt

Weil sie einen geräuschärmeren Abgang von Uni-Präsidentin Auweter-Kurtz vermasselte, ist Wissenschaftssenatorin Gundelach jetzt selbst unter Beschuss.

Uni Hamburg: Nach der Präsidentin könnte jetzt auch die Senatorin zurücktreten müssen. Bild: Ulrike Schmidt

Die Krise um die Ablösung der Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz spitzt sich zu. Während die noch amtierende Präsidentin sich weigert, den ihr vorgelegten Auflösungsvertrag zu unterzeichnen, mehren sich die Anzeichen, dass der Abflug von "Raketen-Moni" aus Hamburg auch Folgen für Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) haben könnte.

Gundelach musste in den vergangenen Tagen massive Kritik der Uni-Gremien für ihre Rolle im universitären Führungskonflikt einstecken. Vorigen Mittwoch hatte sich die Senatorin zuerst öffentlich von Auweter-Kurtz distanziert, dann am Freitag verlautbart, sie habe der Präsidentin "ein Angebot unterbreitet, ihren Vertrag in wechselseitigem Einvernehmen aufzulösen".

Doch diese Erklärung sei, schimpfte der Hochschulrat, eine "Verletzung der Vertraulichkeit", geeignet, "die Universität und die amtierende Präsidentin zu beschädigen". Zudem, stellte das Gremium klar, sei es allein "für die Wahl und Abwahl der Präsidenten verantwortlich".

Gundelach habe "ihre Kompetenz überschritten" und "der Uni immensen Schaden zugefügt", setzte der Allgemeine Studierenden Ausschuss (ASTA) gestern nach. "Der Rücktritt von Frau Gundelach" sei unabdingbar, sagte der ASTA-Vorsitzende Séverin Pabsch.

Schweren Schaden für den Wissenschaftsstandort durch Gundelachs öffentliche Behandlung "innerer Angelegenheiten" wittert auch die FDP-Bildungsexpertin Sylvia Canel. "Senatorin Gundelach muss zurücktreten", fordert auch sie.

Die Senatorin sieht das naturgemäß anders. "Wir haben keine Inhalte des Vertragsangebots öffentlich gemacht, die Vertraulichkeit somit auch nicht verletzt", sagt ihr Sprecher Timo Friedrichs. Ein einvernehmlich geschlossener Auflösungsvertrag sei der "fairste Weg", die Führungskrise an der Uni "in Würde zu beenden" - ein Weg, den der Hochschulrat, der nur die Möglichkeit der Abwahl hat, "gar nicht gehen kann".

Friedrichs weiter: "Die Politik ist für die Aufstellung der Hochschule verantwortlich, sie kann in so einer Situation nicht untätig bleiben." Die Senatorin weise die Rücktrittsforderungen zurück.

Während Auweter-Kurtz offiziell noch im Amt ist, wird längst über die Nachfolge debattiert. Die GAL-Hochschulexpertin Eva Gümbel brachte am Mittwoch bei "Schalthoff live" noch einmal die Jura-Professorin und bisherige Uni-Vizepräsidentin Gabriele Löscher als Nachfolgerin ins Gespräch. Auch der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Wolfgang Beuß sprach sich dafür aus, "sich innerhalb der Universität" nach der Nachfolge "umzusehen".

Ein Vorstoß, der prompt Kritik des ASTA nach sich zog. Séverin Pabsch: "Herr Beuß hat noch immer nicht verstanden, dass die Findung eines Kandidaten der Hochschule obliegt und nicht der Politik. Mit diesem Vorstoß hat er sich hochschulpolitisch vollkommen disqualifiziert."

Schützenhilfe erhielt Beuß überraschend von SPD-Hochschulexpertin Dorothee Stapelfeldt, die dem Hochschulrat die Kompetenz für die Wahl absprach. Das Auswahlverfahren müsse "neu geregelt" werden.

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1 Kommentar

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  • DP
    David Perteck, Bundestagsspitzenkandidat der ödp Hamburg

    Der seit langem absehbare Rücktritt von Uni-Präsidentin Auweter-Kurtz bedeutet eine Niederlage für den schwarz-grünen Senat. Unter Bürgermeister von Beust wurde sie engesetzt und Wissenschaftssenatorin Gundelach sowie der Senat inklusive des grünen Mehrheitsbeschaffers haben sie bis zuletzt mitgetragen. Erst als der breite Protest von Studierenden und Lehrenden gegen den autoritäten Führungsstil und den Demokratieabbau an der Uni nicht mehr zu ignorieren war, hat der Senat angefangen einzulenken. Nun versucht der Senat - Beust, Gundelach, Grüne -, sein Gesicht zu waren, denn Politiker sind in dieser Hinsicht geschickter als Wissenschaftler. Anja Hajduk etwa war als Landesvorsitzende der Grünen zurückgetreten, nur um das Amt der Umweltsenatorin zu übernehmen. Und Bürgermeister Beust könnte nach der Bundestagswahl zurücktreten, um Umweltminister in Berlin zu werden. Dann braucht er die absehbaren Folgen der schwarz-grünen Koalition nämlich nicht persönlich auszubaden. Wie die Zukunft der u.a. mit dem Bundesverdienstkreuz und von der Airforce ausgezeichneten Raketenforscherin Auweter-Kurtz aussieht, ist hingegen ungewiss. Ebenso, wer künftig auf dem inzwischen durchaus "heißen Stuhl" der Universitäts-Präsidentschaft Platz nehmen soll. Denn eines ist durch den einmaligen Vorgang klar geworden: Lehrende und Studierende lassen sich nicht alles gefallen und treten geschlossen und konsequent für Freiheit in Lehre und Forschung sowie demokratische Kommunikationsformen an der Uni ein. Und zu ihren Forderungen gehört ebenfalls die Abschaffung der von Schwarz-Grün zementierten Studiengebühren!

     

    Die sichtbaren Folgen von Studiengebühren sind bürokratischer Irrsinn, soziale Ungerechtigkeit und weiterer Bildungsabbau. Sie fördern ebenso wie Büchergeld die soziale Auslese bei den Bildungschancen, die in Deutschland ohnehin der Geldbeutel der Eltern bestimmt. Ein Großteil der Jugend wird vom Studium abgeschreckt und ganze Bevölkerungsschichten werden über Generationen hinweg von besseren Bildungs- und Berufschancen ausgegrenzt. Dies beweisen immer wieder Umfragen und Studien, die daraufhin von konservativen und neoliberalen Politikern vertuscht oder schöngeredet werden. Studiengebühren fördern jedoch eindeutig Bildungsabbau und soziale Spaltung. Allenthalben werden Bildungseliten gefordert, aber unsere Hochschulen werden zugleich an Wirtschafts- und Finanzeliten verscherbelt. Studium und Bildung sind in erster Linie Selbstzweck und nutzen daneben auch der Witrtschaft und der Gesellschaft insgesamt. Die gänzliche Ökonomisierung und die absurde Bürokratisierung der Bildung zum Schaden der Lehrenden und Studierenden muss endlich aufhören. Stattdessen haben Beschäftigte im Erziehungs- und Bildungsbereich eine angemessene Bezahlung und Würdigung verdient. Ich setze mich deshalb mit der Ökologisch-Demokratischen Partei (ödp) für kostenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule ein, sowie für nachhaltige Qualitätsentwicklung in Kitas, Schulen und Universitäten. Studiengebühren jedoch sind Anti-Bildungsgebühren!

     

    David Perteck, Bundestagsspitzenkandidat der ödp Hamburg