Mitfahrer-App „Uber“: Ärger für die Taxifahrer
Einmal Wischen und Klicken auf der App, schon kommt das Uber-Auto. Die Taxibranche fühlt sich bedroht und wehrt sich mit Klagen.
BERLIN taz | Ein verregneter Abend, ein langer Arbeitstag, ein bestelltes Taxi für den Weg nach Hause, das nicht kommt – und fertig ist der Gründungsmythos des San Franciscoer Unternehmes Uber. Sein Geschäftsmodell: Menschen, die von A nach B wollen, einen Fahrer samt Fahrzeug zu vermitteln. Sein größter Gegner: die Taxibranche.
Vor fünf Jahren in den USA gegründet, breitet sich das Unternehmen nun auch in Europa aus. Und da hat es in den vergangenen Wochen gleich in drei Ländern Ärger bekommen: In Frankreich attackierten Taxifahrer bei einem Protest gegen ungleiche Behandlung Uber-Autos. In Brüssel verbot ein Gericht den privaten Personenbeförderungsdienst „Uber Pop“. Und in Berlin erwirkte ein Taxifahrer eine einstweilige Verfügung gegen die Firma. Begründung: Uber halte sich nicht an die Vorgabe, wonach seine Fahrer bei Chauffeurdiensten im Anschluss an eine Fahrt wieder ins Depot zurückkehren müssen. Stattdessen blieben sie in der Innenstadt, um dort neue Fahrgäste aufzunehmen. Das sei aber Taxis vorbehalten.
Der nächste Konflikt bahnt sich schon an: in Barcelona. Denn in Spanien dürfen Privatfahrer kein Geld für ihre Dienste verlangen. Die katalanische Taxigewerkschaft sinnt jedenfalls schon über Gegenmaßnahmen nach, falls die Verwaltung das Unternehmen trotz Beschwerde gewähren lässt.
Der Streit um das Geschäftsmodell von Uber ist keine Ausnahme. In den Ballungsräumen ist ein regelrechter Kampf um Passagiere entbrannt: Wer bekommt sie? Taxiunternehmen, private Chauffeurdienste, Mitfahrzentralen? Autovermieter, Carsharing-Anbieter oder Leihnetzwerke, in denen Fahrzeuge von privat zu privat vermietet werden? Ganz zu schweigen von anderen kostenpflichtigen Mitfahrmöglichkeiten, wie dem öffentlichen Nahverkehr oder Mieträdern.
Klagen der Klagenden
So hat etwa der Bundesverband der Autovermieter im vergangenen Herbst das Verleihportal Autonetzer verklagt. Die Begründung für die Klage, hinter der einige ein großes Interesse der Deutschen Bahn mit ihrem eigenen Carsharing-Dienst Flinkster vermuten: Die von privat zu privat vermittelten Fahrzeuge erfüllten nicht die strengen Sicherheitsstandards, die für gewerbliche Vermieter gelten. Das gilt zum Beispiel bei der Versicherung oder der Häufigkeit von Hauptuntersuchungen.
Ähnlich argumentiert nun die Taxibranche. „Taxen haben die Verpflichtung, jeden zu befördern, und das zu einem festgelegten Preis“, sagt in Berlin Richard Leipold, der die einstweilige Verfügung gegen Uber erwirkt hat. Er hält die erst kürzlich gestartete Variante „Uber Pop“ für besonders problematisch. Dabei transportieren Privatpersonen in ihren Autos Fahrgäste. „Und das ohne die dafür nötige Haftpflichtversicherung zum gewerblichen Personentransport“, kritisiert Leipold. Darin sieht Uber kein Problem: Patrick Studener, verantwortlich für die internationale Expansion der Firma, verteidigt das Vorgehen: „Das sind keine professionellen Fahrer.“ Eine spezielle Versicherung sei deshalb nicht notwendig.
Möglich macht die neue Konkurrenz das Internet und dabei speziell die Verbreitung von mobilen Geräten wie Smartphones. Wer gerade unterwegs ist, kann sich so über die App von Uber oder eine Webseite spontan ein Fahrzeug organisieren – auch ohne eine Taxizentrale anzurufen. Entsprechende Apps kombinieren die Navigation mit aktuellen Verkehrsmeldungen, die beispielsweise von anderen Fahrern erstellt werden, zum Beispiel über Unfälle, Blitzer, Staus.
Ortskenntnis wird so nicht mehr zum entscheidenden Kriterium, schließlich werden Navis mittlerweile auch von Taxifahrern genutzt. Dementsprechend hält Uber-Manager Studener auch die Gesetze zum Transport von Fahrgästen für veraltet: „Die wurden in der Vor-Internet-Zeit geschrieben.“
Längst finden auch verhältnismäßig junge Unternehmen wie Uber Nachahmer für ihr Geschäftsmodell, etwa die Hamburger Firma Wundercar. Die versucht es mit einer anderen Lücke: Wer hier einen Fahrer in Anspruch nimmt, zahlt am Ende ein „freiwilliges Trinkgeld“. So soll jeder Zweifel an einer fehlenden Gewinnerzielungsabsicht schon im Vorfeld ausgeräumt werden. Im Gegenteil: Das Unternehmen sieht sich selbst als Teil der Share-Economy – genau wie die Macher von Autonetzer, über deren Portal Autos von privat zu privat verliehen werden.
Dahinter steckt viel Geld
Uber hat allerdings nichts mehr von dem nischigen Start-up, für das es gerne gehalten wird: Erst im vergangenen Jahr konnte die Firma 258 Millionen Dollar einsammeln – maßgeblich von Google. In seiner Investorenliste führt das Uber unter anderem das Unternehmen Goldman Sachs auf.
In rund hundert Städten ist Uber derzeit aktiv. Dabei fehlt es nicht an Kritik. In den USA, wo der Dienst schon länger angeboten wird, beklagen sich die Kunden nicht so sehr über den Zustand der Autos oder mangelnde Ortskenntnis der Fahrer. Ärger erregt vor allem der Preis für die Nutzung von Uber-Autos: denn der liegt nicht fest, sondern kann immer dann teurer werden, wenn die Nachfrage hoch ist. Das heißt: Eine Fahrt mit dem Uber-Auto kann leicht teurer werden als mit einem Taxi. Bezahlt wird per Kreditkarte.
In Deutschland wird der Konflikt erst einmal weiter vor Gericht ausgetragen. Beide Seiten haben angekündigt, durch die Instanzen zu gehen. Auch eine Klage gegen den neuen Dienst „Uber Pop“ ist laut Leipold in Vorbereitung.
Vielleicht gibt es aber auch eine Entscheidung von oben. Die EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, Neelie Kroes, hat jedenfalls ihre Position klargestellt: „Erst Brüssel, jetzt Berlin? Europa sollte Innovation willkommen heißen und nicht verbannen“, twitterte sie.