piwik no script img

■ Mit rosa Kalbfleisch auf du und duEdle VerbraucherInnen

Brüssel (taz) – Freiheit für Europas Kälber. Die Haltung von Kälbern in engen Boxen, ohne Licht und mit eisenarmer Nahrung, soll verboten werden, fordern europäische Tierschutzverbände. Um Druck auszuüben, sollen die VerbraucherInnen künftig rosafarbenes Kalbfleisch bevorzugen, statt wie bisher auf besonders weißes Fleisch zu achten. In Deutschland ist diese Boxenhaltung schon seit drei Jahren verboten.

Früher war die weiße Farbe des Fleisches ein Indiz dafür, daß es sich tatsächlich um Kalbfleisch handelt. Denn wenn die Tiere aufhören, Muttermilch zu trinken und mit dem Verzehr von Rauhfutter beginnen, wird das Fleisch automatisch dunkler. Dies machten sich in den vergangenen Jahren Bauern zunutze und enthielten den Tieren das eisenhaltige Rauhfutter vor, um auch bei älteren und damit schwergewichtigeren Tieren noch die typische Kalbfleischfarbe zu erhalten.

Weil die Tiere aber beim ständigen Milchpulverkonsum ihren Beißtrieb nicht befriedigen konnten, mußten sie nun davon abgehalten werden, ihr eigenes Fell abzunagen. Hierzu dient die Boxenhaltung, mit dem nützlichen Nebeneffekt, daß die Kälber mangels Bewegung schneller Fleisch ansetzen.

Gegen diese Form der Kälberhaltung machen TierschützerInnen schon seit Jahren mobil. Die Fleischproduzenten kontern, daß Kalbfleisch nur auf diesem Wege ökonomisch und hygienisch produziert werden könne. Noch 1991 konnten sie ein Verbot durch die Europäische Union verhindern. Nur der deutsche Landwirtschaftsminister Ignaz Kiechle verbot diese Boxenhaltung.

Bei importiertem Fleisch ist der Tierschutz aber noch keinesfalls gewährleistet. Jochen Prinz vom Deutschen Tierschutzbund forderte die Verbraucher deshalb gestern zu kritischem Konsum auf. Immerhin gibt es in der EU-Kommission inzwischen starke Kräfte, die einen neuen Anlauf für ein Verbot der Boxenhaltung nehmen wollen. Auf der heutigen Kommissionssitzung könnte ein entsprechender Vorschlag beschlossen werden, der aber noch die Zustimmung des Ministerrates bräuchte.

Hauptgegner eines Verbotes ist Frankreich, das Land, das nicht nur am meisten Kalbfleisch produziert, sondern auch mit 5, 1 Kilogramm den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch aufweist (Deutschland: 1 Kilo).

Der größte Teil des nach Deutschland importierten Kalbfleisches stammt allerdings aus den Niederlanden. Dort werden nach Angaben der Eurogroup for Animal Welfare, dem Dachverband der TierschützerInnen, inzwischen 30 Prozent der Kälber in Gruppenhaltung aufgezogen. Tendenz steigend. Christian Rath

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen