Mit einem Grund für MCS auf Du und Du: Sind es die Zusätze?
Köln (taz) – Für eine mögliche Gesundheitsschädlichkeit des militärischen Flugtreibstoffes JP-8 gibt es keine eindeutigen Beweise, dafür um so mehr Diskussionsstoff. In der Recherche taucht JP-8 in den verschiedensten Zusammenhängen auf, während sich die Beschreibungen von körperlichen Symptomen meist ähneln.
In den USA etwa hat der Journalist William Thomas zahlreiche Berichte von Menschen zusammengetragen, die nach dem Überflug von Militärmaschinen über Atembeschwerden, extreme Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Gliederschmerzen, Brennen in den Augen und einen unangenehmen Geschmack im Mund geklagt hatten. Thomas vermutet in seinen Beiträgen, dass für diese Symptomatik der Treibstoffausstoß von Militärmaschinen, die mit JP-8 fliegen, verantwortlich ist.
Ein auffallender Geschmack und die beschriebenen körperlichen Symptome sind auch der Deutschen Marion Hahn aus Alzey nicht unbekannt. Sie leidet an der MCS-Krankheit, einer breit gefächerten Chemikalienunverträglichkeit, deren Auslöser für Mediziner immer noch ein Rätsel ist – was die Diagnose erschwert. Für das Krankheitsbild Multiple Chemical Sensitivity (MCS) gibt es bisher noch nicht einmal eine allgemein akzeptierte Definition. Schätzungen gehen davon aus, dass ein bis zwei Prozent der Bevölkerung betroffen sind.
Auf der Suche nach dem Grund ihrer Krankheit beschäftigt sich Frau Hahn seit Jahren mit militärischen Einrichtungen sowie den dazugehörigen Emissionen und Altlasten. In ihren Recherchen stieß sie durch Zufall auf den Flugtreibstoff JP-8. „Mich wunderte, dass ich die extremen körperlichen Beschwerden – manchmal sogar bis zur Bewusstlosigkeit – auch dann bekam, wenn ich im Wald spazieren ging, also dort, wo eigentlich keine chemischen Stoffe sein sollten, auf die ich hätte reagieren können.“ Frau Hahn hielt daraufhin akribisch fest, wo genau ihre Beschwerden eingesetzt hatten, besorgte sich Karten, befragte Politiker und fand heraus, dass sich in der Nähe meist militärische Flugplätze oder Depots befanden. Daraufhin versuchte sie, die verwendeten Flugtreibstoffe zu ermitteln. „Ich bin überzeugt, dass zwischen JP-8 und MCS ein direkter Zusammenhang besteht. Die nach dem Kontakt mit JP-8 auftretende Symptomatik ist die gleiche wie bei MCS. Vielleicht ist der Treibstoff die entscheidende Ursache für diese charakteristische Krankheit“, sagt sie.
Hahn hofft nun, dass eine Probe von JP-8 unabhängigen Forschungseinrichtungen zugängig gemacht wird, damit der Treibstoff auf – möglicherweise mit MCS in Verbindung stehende – Substanzen untersucht werden kann. matt
Weitere Infos zur Arbeit von Marion Hahn finden sich unter der Rubik „Gästebuch“ bei der Zeitschrift für Umweltmedizin, www.umweltmedizin.de, sowie im MCS-Schwerpunkt, November-Ausgabe der „Koryphäe“, Cloppenburger Str. 35, 26135 Oldenburg (10 plus 2 DM Verrechnungsscheck).
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