■ Mit der Tundra auf du und du: Garstig kalt
Berlin (taz) – Das Volk zwischen dem Petschora-Fluß und dem Uralgebirge nennt sich Komi. Allerdings sind von den 1,3 Millionen Einwohnern nur 290.000 Komi, der Rest russischstämmige Siedler. Die Komi, auch Syrjänen genannt, gehören zu den finno-ugrischen Völkern und sind russisch-orthodoxe Christen seit dem 14. Jahrhundert, teilweise Animisten.
Hauptstadt der autonomen Komirepublik ist Syktywkar. Der Nordmeerstaat erstreckt sich auf einer Tieflandfläche von knapp 416.000 Quadratmetern zwischen dem Hochgebirge des nördlichen Ural im Osten und den Flußbecken von Mezen und Wytscheda im Westen. Der Großteil der Komirepublik liegt im flachen und konturlosen Becken des Petschora-Flusses. Im Nordosten besteht die Republik größtenteils aus Tundra mit Flechten, Moos und Zwergsträuchern und im wärmeren Süden aus der Taiga.
Das harte arktische Klima und die unerreichbare geographische Lage hielt das kleine Volk kulturell isoliert bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Der nördliche Teil der Tundra ist dies immer noch, im Gegensatz zum Süden, der inzwischen von der russischen Kultur stark beeinflußt ist. Im Norden ist der finnische Einfluß größer, dort bestehen die wirtschaftlichen Aktivitäten hauptsächlich aus Rentierhaltung und -jagd, Fischen und Holzfällerei. Im Süden dagegen wird kärgliche Landwirtschaft betrieben. Er ist stark industrialisiert und hat ein Bergbaugebiet.
Der arktische Boden bietet, trotz Dauerfrost und unter 24-Stunden-Sonnenbestrahlung während der Sommerzeit, einer bemerkenswerten Vielfalt an Pflanzen Raum. Neben den Rentieren gibt es Feldhasen, Füchse, nistende Vögel und jede Menge Lemminge.
Die arktischen Flüsse, Petschora und Wytscheda, tauen – nach 180 bis 220 Tagen Frost – jeden Frühling auf. Dann verursachen sie im eisigen Wasser eine regelrechte Lebensexplosion, von der Wale, Seehunde und Walrösser und vor allem auch die europäische Fischfangflotte abhängen.
Seit Jahrzehnten wird die Region bereits verschmutzt, mit extremen Folgen für Mensch und Tier. Bergbau und Ölbohrungen haben schätzungsweise 50 Millionen Hektar Weideland der Rentiere verseucht. Bei den Ölbohrungen trat bereits wiederholt Öl aus. Die durchschnittliche Lebenserwartung der ärmlichen Tundrabewohner lag bis vor drei Jahrzehnten noch bei 62 Jahren. Inzwischen ist sie auf 55 Jahre bei Frauen und 45 Jahre für Männer herabgesunken. Elke Eckert
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