: Mit der Ruhe des Erfolgreichen
Blues oder doch nicht Blues? Der frühere „House of Pain“-Rapper und Aushänge-Kelte Everlast präsentiert heute im Docks seine Variante der Traditionspflege musikalischer Amerikana ■ Von Volker Peschel
„The mike is open if there's someone from Eminem's camp who is here.“ Eric Schrody, alias Everlast, lehnte sich recht weit aus dem Fenster, als er auf der aktuellen Tournee in Detroit – immerhin Eminems Hometown – spielte. Monatelange Verbal-Attacken gingen voraus, Beschimpfungen in Interviews, Eminems Song „Sh**t on You“, bis hin zu Everlasts Drohung, den blondierten Rapper mit der großen Klappe zu verprügeln. In der Detroiter St. Andrews Hall sparte er dementsprechend nicht mit Schmach für den „Real Slim Shady“, bis erzürnte Fans die Bühne stürmten und das Equipment der geflüchteten Band zerschlugen.
Vielleicht wähnte er sich schon zu weit oben auf dem Olymp des Ruhmes, um den Mund weniger voll zu nehmen. Schließlich ist Everlast nicht mehr der Vortänzer seiner Hip-Hop-Spaß-Combos, sondern inzwischen in den ernsten Regionen der Musik am Start, sprich: dem Blues. Und präsentiert sich nur zu gerne als stilvoller 31-Jähriger im Kreise alter Legenden wie beispielsweise Santana.
Dabei verlief seine Karriere arg wechselhaft: Er wuchs bei seiner geschiedenen Mutter in Kaliforniens San Fernando Valley auf, mied die Schulbank, hörte lieber Run DMC und unternahm später in Los Angeles die ersten musikalischen Gehversuche. Er geriet an die Ice-T- Posse und nahm unter der Obhut von dessen Rhyme Syndicate sein erstes Soloalbum auf: Forever Everlasting. Das war 1990 und rückblickend resümiert er seinen damaligen Flop: „Ich danke Gott jeden Tag dafür, dass das Album floppte. Ich hätte Vanilla Ice sein können. Das wäre dann das Ende gewesen.“
Den Start von Schrodys Karriere beförderten House Of Pain, seine erste Combo. Es war Anfang der 90er Jahre, die Zeit der Debutalben von Rage Against the Machine oder den Red Hot Chili Peppers. Den Crossover-Boom brachten die Kleeblatt-HipHopper House of Pain mit dem wörtlich zu nehmenden Hit „Jump Around“ für so manchen auf den Punkt. Drei Alben sollte der Spaß halten, dann war Everlast gelangweilt von der Tournee-Routine und machte sich 1996 selbständig.
Seine Solo-Karriere lief dann recht zögerlich an: Er wollte jetzt Whitey Ford sein – nicht die New York Yankees-Legende der 40er Jahre, er wählte das Pseudonym aufgrund des „bluesigen Klangs“ – und veröffentlichte 1998 Whitey Ford Sings the Blues. Nachdem die Aufnahmen zu dem Album beendet waren, musste er sich einer Operation am Herzen unterziehen und einige Zeit im Krankenhaus verbringen. Während seiner Genesung geriet sein Blues-Erstling zum Selbstläufer und „What It's Like“ zum Hit. Später gab es dafür den Grammy.
Den Adelsschlag verpasste ihm Carlos Santana, der ihn für sein Überalbum Supernatural mit ins Boot holte und damit den ehrgeizigen Jungspund Eric Schrody mit der tiefen, kratzigen, fast versoffenen Stimme zum begehrten Musiker erklärte. Mit so viel Vorschuss-Lorbeeren versehen, hatte „the mighty they call Whitey“ keinerlei Mühe, eine exquisite Gästeliste für das Nachfolge-Album zusammenzustellen. Auf Eat at Whitey's tümmeln sich Buddy Santana, die Ladies N'Dea Davenport und Merry Clayton – Background im Stones-Hit „Gimme Shelter“ – und B-Real von Cypress Hill. An Streichern und Bläsern machte sich David Campbell, der Vater von Beck Hansen, zu schaffen. Respekt.
Und Eric Schrody, der Everlast, der Whitey Ford, dankt grinsend, genießt die Gelassenheit der Erfolgreichen und spielt begeistert demütig im Vorprogramm seines Paten Carlos. So einfach kann Ruhm funktionieren, da bleibt noch Zeit zum Rumhacken, und sei es auf kleinen, blondierten, schmächtigen Jungs.
mit OPM: heute, 20 Uhr, Docks (nicht CCH!)
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